■ Schnittplatz: Mit Harald Schmidt
Einmal im Jahr (z. B. letzten Montag) telefoniert sich die 3sat-Pressestelle in Sachen „Theatertreffen“ durch die TV-Redaktionen: Nun sei es in Berlin doch wieder soweit. Und 3sat zeige abermals begleitend alle Inszenierungen. Ob's da nicht möglich wäre, den 3sat-Schwerpunkt fernsehkritisch zu begleiten? Und wie jedes Jahr lautete die Antwort der taz: Leider nein.
Drei Tage später jedoch war die freundliche 3sat-Kollegin plötzlich erneut am Apparat: Sie hätte da aber noch eine Eintrittskarte für die Auftaktdiskussion am Samstag: „Alle reden über Theater, und keiner geht essen.“ Da sprächen, moderiert vom Kabarettisten Matthias Beltz, nicht nur Claus Peymann und Frank Castorf, sondern u. a. – und das falle dann doch unbestreitbar ins TV-Ressort – auch Harald Schmidt. Wenn also jemand Interesse habe ...
Es hatte. Vor Ort dann trat Beltz aufs Podium und begrüßte das Publikum mit einer Art Stand-up-Nummer, die unvermittelt in die Forderung „Scharping vors Kriegsgericht!“ mündete. Und auch als die 3sat-Kameras endlich angeschaltet waren, dauerte es keine 10 Minuten, und die Runde war bei ihrem eigentlichen Thema „Krieg in Ex-Jugoslawien bzw. Wie können Kunst und Theater jetzt (gegen) die Malaise angehen?“ angekommen. Und weil die alsbald ebenso streitbaren wie hitzigen Intellektuellenthesen (Castorf: „Schwachsinn!!“ – Peymann: „Scheiße!!“) von Beltz pietätlos und betont unqualifiziert begleitet wurden, hatte der fernsehkritische Theaterlaie ein ziemliches Gefühl im Magen, dieses Sternstündchen – „(Sa., 21.40 Uhr, 3sat)“ – niemandem ausdrücklich an Herz gelegt zu haben. Und sei's nur, weil heilloses Nato-Gewitzel im deutschen TVso rar ist wie spannende Unterhaltung.
Sollten daher, liebe Leser, liebes 3sat, Scharpings Truppen auch im nächsten Jahr noch den Balkan unsicher machen oder (so Castorfs zynisches Schlußwort) gar „den Kreml bombardieren“, freuen wir uns schon auf die Berichterstattungsanregungen in Sachen „Theatertreffen 2000“! Auch ohne Harald Schmidt. Christoph Schultheis
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