Schnellverfahren in Weißrussland: Kurzer Prozess gegen die Opposition
Nach den Demos sind mehr als 600 Menschen zu fünf bis 15 Tagen Haft verurteilt worden. Ein russischer Journalist berichtet, er werde im Gefängnis "fast wie Vieh" behandelt.
BERLIN taz | 639 Personen sind seit den Demonstrationen nach den weißrussischen Präsidentschaftswahlen in Haft. Dies gab Alexander Lukaschenko, wiedergewählter Präsident von Weißrussland, bei einer Pressekonferenz am Dienstag bekannt. Unter den Verhafteten sind auch 5 der 10 Präsidentschaftskandidaten. Zwei kamen am Montag wieder auf freien Fuß. Die meisten Verhafteten wurden zu fünf bis 15 Tagen Arrest verurteilt.
Man prüfe derzeit bei allen Inhaftierten, ob gegen sie ein Strafverfahren einzuleiten sei, erklärte der Sprecher des Innenministeriums in Minsk, Alexander Lastowski. Bei einer Verurteilung müsse ein Schuldiger mit einer Haftstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen, so Lastowski. Parteien und Organisationen, die die Unruhen "provoziert hatten", müssten mit einem Verbot rechnen, fügte Weißrusslands Justizminister Wiktor Golowanow hinzu.
Unter den Verhafteten ist auch der St. Petersburger Journalist Alexander Astafjew. Ihm war es gelungen, per SMS einen Kontakt zu dem Radiosender Echo von St. Petersburg herzustellen. Zwei Tage hätten er und die anderen Verhafteten "nur Schnee" essen können, man werde "fast wie Vieh" behandelt, 26 Personen seien in Zellen für 10 Arrestierte eingesperrt, textete Astafjew nach Petersburg. Man habe kaum die Möglichkeit, eine Toilette aufzusuchen. Die Luft sei sehr schlecht.
Auch die Journalistin Irina Chalip von der Nowaja Gaseta und Gattin des inhaftierten Präsidentschaftskandidaten Sannikow ist noch in Haft. Mehrere russische Journalisten, so das Internetportal Newsru.com, seien von Milizionären misshandelt worden. Das russische Konsulat in Minsk bemühe sich um eine Besuchserlaubnis für nneun inhaftierte russische Bürger, heißt es dort.
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