Weißrussische Oppositionelle freigelassen: Hausarrest statt KGB-Gefängnis
Sechs bei den Dezember-Protesten verhaftete weißrussische Regierungsgegner sind wieder auf freiem Fuß. Unter ihnen ist Präsidentschaftskandidat Nekljajew.
BERLIN taz | Die Androhung von EU-Sanktionen gegen Weißrussland scheinen bei den Vertretern des autoritären Regimes in Minsk offenbar eine erste Wirkung zu zeigen. Am Samstag hat der weißrussische Geheimdienst KGB den Dichter Uladzimir Nekljajew, der bei den Präsidentschaftswahlen am 19. Dezember 2010 gegen Amtsinhaber Alexander Lukaschenko angetreten war, aus der Haft entlassen. Nekljajew stehe jetzt unter Hausarrest, teilte der KGB in einer Erklärung mit, die im Fernsehen verlesen wurde. Angaben seiner Frau zufolge wird der 64-Jährige in seiner Wohnung von Mitarbeitern des KGB bewacht.
Auch Irina Chalip, Mitarbeiterin der regierungskritischen Moskauer Zeitung Nowaja Gaseta, sowie vier weitere Regierungsgegner wurden auf freien Fuß gesetzt. Auch Chalip steht unter Hausarrest. Hingegen ist ihr Mann Alexander Sannikow, ebenfalls ein oppositioneller Gegenkandidat von Lukaschenko, weiter in Haft.
Proteste gegen seine Wiederwahl am Abend des 19. Dezember – offiziellen Angaben zufolge hatte Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen – hatte der Autokrat brutal niederschlagen und rund 700 Personen verhaften lassen, darunter waren auch fünf Präsidentschaftskandidaten.
Bei dem Einsatz von Sicherheitskräften war Nekljajew verletzt worden. Über seinen Gesundheitszustand lagen wochenlang keine genauen Angaben vor. Derzeit sind über 30 Personen wegen der "Anstiftung zu Massenunruhen" angeklagt. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen Haftstrafen bis zu 15 Jahren.
Die Europäische Union und die USA hatten das gewaltsame Vorgehen gegen die Demonstranten scharf verurteilt und die sofortige Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert. In der vergangenen Woche kündigte das Washingtoner Außenministerium an, mehr Mittel für die weißrussische Zivilgesellschaft zur Verfügung zu stellen sowie bestehende Wirtschaftssanktionen zu verschärfen. Davon werden Handelsbeziehungen zwischen US-Firmen und US-Bürgern mit Tochtergesellschaften des weißrussischen staatlichen Öl- und Chemiekonzerns Belneftechim betroffen sein.
Auch die EU erwägt Sanktionen gegen Minsk und will darüber am heutigen Montag beraten. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Außenminister – wie bereits nach den Präsidentenwahlen 2006 – Einreiseverbote in die EU gegen Staatschef Lukaschenko sowie weitere hochrangige Repräsentanten des Regimes verhängen sowie deren Konten sperren lassen.
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