Vorlauf: Schneeweißchenund Rosentod
„Kein Weg zurück“, 20.15 Uhr, ZDF
Wenn Fantasie gefährlich ist, dann ist es die Fantasie einer gekränkten Schriftstellerin erst recht. „Kein Weg zurück“ variiert diese These im Milieu bürgerlicher Behaglichkeit, die norddeutsche Provinz gerinnt zu einem Tableau falscher Idyllen und schwankender Sehnsüchte. Die Figuren tragen dort, wo es die Geschichte am nötigsten hat:
Sina Bukoswki (Barbara Auer) lebt in der norddeutschen Provinz, schreibt Bücher mit Titeln wie „Schneeweißchen und Rosentod“ und ist sehr gekränkt, seit ihr Liebhaber sie verlassen hat. Das liegt schon ein Jahr zurück, doch Sina belagert den Arzt und Familienvater Jan Kerkhoff (Miroslav Nemec) noch immer mit Anrufen, schleudert Dartpfeile auf sein Konterfei und verfasst finstere Sentenzen wie „Mord und Geschlechtsverkehr sind die intimsten Berührungen, zu denen Menschen fähig sind“. Insgeheim hat sie sogar Jan beim Beischlaf mit seiner Frau Valerie (Karoline Eichhorn) fotografiert und spricht, damit wir’s auch mitkriegen, ihre Gefühle in ein Diktiergerät: Eifersucht, Masochismus, Enttäuschung, Geilheit, ein ausreichender Katalog an Motiven also, böse Sachen zu machen.
Böses geschieht, als Valerie von unrasierten Finstermännern entführt wird: Karoline Eichhorn überzeugt als launisches Opfer, das der Leidenschaft ihres Peinigers erliegt – und mehr fühlt als erkennt, dass es außerhalb ihres falschen noch ein richtiges Leben geben könnte. „Ich will frei sein!“, schleudert sie dem Entführer entgegen. Und der antwortet, das Geld und die Flucht nach Südamerika im Sinn: „Ich auch.“ – Derweil brütet die strippenziehende Schattenfrau mit speckiger Schiebermütze über ihrer Schreibmaschine an Sätzen wie „Freiheit ist immer der Abstand zwischen Jäger und Gejagtem“.
Um Freiheit geht es in diesem Thriller. Und darum, zu welchem Preis die wahre Liebe zu haben ist, so es sie denn gibt. Der Film traut sich eine Antwort auf diese Fragen zu. Und die ist, natürlich, fantasievoll. Arno Frank
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