Schmähgedicht über Juden und Muslime: Landtagsverbot für Grünen-Politiker
Ein grüner Landtagskandidat beschimpft Juden und Muslime weil sie Neugeborene beschneiden. Nun wollen die Grünen auf seinen Sitz verzichten – auch wenn er gewinnt.
HANNOVER dpa/afp | Mit Schmähversen auf Juden und Muslime wegen der Beschneidung von Jungen hat sich in Niedersachsen ein Grünen-Kandidat für die Landtagswahl selbst alle Chancen auf ein Mandat genommen. Der im Wahlkreis Cloppenburg-Süd antretende Ulf Dunkel werde im Fall eines Wahlsiegs auf seinen Sitz im Landtag verzichten, sagte Michael Jäger vom Grünen-Kreisverband Cloppenburg. Er reagiere damit auf Forderungen des Zentralrats der Juden und des Landesvorstands der Grünen, auf seine Kandidatur zu verzichten. In Niedersachsen wird am 20. Januar ein neuer Landtag gewählt.
Der Grünen-Politiker hatte im Internet Juden und Muslime, die an der Beschneidung von Neugeborenen festhalten, in einem Gedicht als „Arschlöcher“ und „blinde Fanatiker“ bezeichnet. In einem anderen Gedicht heißt es: „Wetzt das Messer, singt ein Lied, ab die Vorhaut von dem Glied.“ Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, hatte in der Süddeutschen Zeitung gefordert, die Grünen sollten ihren Kandidaten schnell zurückziehen. „Das Machwerk von Herrn Dunkel strotzt nur so vor hasserfülltem Hochmut gegenüber Juden und Muslimen“, sagte er.
Ein Zurückziehen des Kandidaten war laut Jäger aber formal nicht mehr möglich. Da die Wahlzettel schon gedruckt seien und die Briefwahl begonnen habe, könne Dunkel nicht mehr auf seine Kandidatur verzichten. Mit Listenplatz 34 habe er aber ohnehin keine großen Chancen auf einen Sitz im niedersächsischen Landtag. Das Direktmandat in Cloppenburg hatte zuletzt die CDU mit rund 70 Prozent der Erststimmen geholt.
Weder fremdenfeindlich noch antisemitisch
Auch die Grünen distanzierten sich von ihrem Kandidaten. „Er ist, und das räumt er heute selbst ein, an einigen Stellen übers Ziel hinausgeschossen. Er hat Formen der Auseinandersetzung gewählt, die für jemanden, der ein politisches Amt anstrebt, zweifelhaft sind“, sagte Jäger. Auch das Vokabular müsse kritisch hinterfragt werden. Dunkel sei aber weder fremdenfeindlich noch antisemitisch – diese Vorwürfe seien überzogen.
In einer Erklärung des Cloppenburger Grünen-Kreisverbands hieß es dazu, entsprechende – auch von Grünen-Politikern vorgenommenen – Unterstellungen grenzten an Rufmord. Die Grünen-Landesvorsitzenden Anja Piel und Jan Haude sagten der SZ, aufgrund der hohen Sensibilität dieser Thematik sei es wichtig, eine „klare Abgrenzung gegenüber antisemitischen und fremdenfeindlichen Einstellungen“ zu wahren.
Dunkel selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf seiner //www.facebook.com/ulf.dunkel/posts/4084706524237:Facebook-Seite hatte er allerdings schon Mitte Dezember erklärt, dass es ihm leidtue, falls er Anlass zu Missverständnissen gegeben haben sollte: „Ich begrüße ausdrücklich jüdisches und muslimisches Leben auch hier in Deutschland, verurteile nur die Beschneidung und kritisiere infolgedessen die, die sie befürworten.“
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