: Schlechte Mine zum bösen Spiel
■ Rüstungsgegner demonstrieren auf dem Domshof gegen Produktion von Minen
Ein schöner Sommertag, die Vögel zwitschern, die Kinder lachen, die Blumen blühen. Arglos laufen Menschen über die Wiese. Plötzlich eine Explosion unter den Füßen, der Boden schwankt, Qualm steigt auf, ein Kind schreit in Schmerz und Todesangst. So hautnah simuliert die „Internationale Landminen Kampagne“ das Grauen, das die Verminung ganzer Landstriche über die ahnungslose Zivilbevölkerung bringt. Noch bis morgen hat sie einen Stand am Domshof aufgebaut, mit dem sie durch Deutschland tourt, um die Ächtung der Minen zu erreichen.
120 Millionen Stück der „Killerwaffe Nr.1“ liegen in Ländern, wo gekämpft wird oder gekämpft wurde, von Afghanistan und Angola bis Irak, Ex-Jugoslawien und Vietnam. Während der Kämpfe werden sie eingesetzt, um Truppenbewegungen einzuschränken und Soldaten zu demoralisieren. Doch nach dem Ende der Kriege morden die „ewigen Wachtposten“ weiter, ohne Unterschied zwischen Soldaten, Zivilisten, Freunden oder Feinden: Flüchtlinge trauen sich nicht in die verminte Heimat zurück, Felder werden nicht bestellt — Elend und Hunger sind die Folgen. Jeden Monat werden 850 Menschen durch Minen getötet, 450 durch sie verstümmelt. Die UNO rechnet in den nächsten Jahren mit 2 Millionen Toten durch Landminen.
Seit 1983 trat die UN-Resolution zu „wahllos wirkenden Waffen“ in Kraft. Darin wurden den Militärs verboten, Minen gegen die Zivilbevölkerung einzusetzen. Zehn Jahre danach besteht nun die Chance, eine Überprüfungskonferenz für das Abkommen einzuberufen und nach dem Willen der kampagne Entwicklung, Produktion und Export der Minen zu verbieten. Auf dieses Ziel drängt die
Kampagne mit Unterschriftenlisten und einer breiten öffentlichkeitsarbeit in ganz Europa.
„Die Minen sind vor allem ein Problem für die Entwicklungshilfe von Nichtregierungsorganisationen“, sagt Christoph Goldmann von der Hilfsorganisation medico international. „Militärs räumen für ihren Nachschub eine Straße frei und fertig — wir müssen ein ganzes Land von Minen befreien, ehe die Menschen sich zurücktrauen.“ Daher fordern die NGO's einen internationalen Fonds, in den die Länder einzahlen, wo Minen gebaut werden und aus dem die Räumung bezahlt wird. „Das wird sehr viel Geld kosten“ - und Geld verdienen an der Räumung dieselben Firmen, die die Sprengkörper auch bauen. Neben den „Dinosaurierminen“, die teilweise noch aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg in allen Teilen der Welt gefährlich vor sich hinrosten, werden jetzt „intelligente“ Minen entwickelt, die beliebig oft geladen und entschärft werden können.
Das Thema Minen ist auch in Deutschland nicht weit weg. Einerseits sitzen hier mit der Diehl GmbH, Rheinmetall und Dynamit Nobel (Werbung: „Splitterladung zur Bekämpfung halbharter Ziele“) die Firmen für Entwicklung und Produktion; an der deutsch-deutschen Grenze werden heute noch Minen gesucht und entschärft. Deutschland überwacht seine Grenzen bereits vollelektronisch - der Schritt zu neuen Minengürteln sei nicht weit, warnt medico international. Im ehemaligen Jugoslawien liegen heute schon 2 Millionen Landminen. „Wenn da mal wieder Frieden ist, werden deutsche Touristen nur noch auf den Straßen laufen können“, sagt Goldmann. „Die Berge und der Strand sind vermint.“
Bernhard Pötter/Foto: medico international
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