Schlaganfall, Diabetes, Depression: Kassen sollen für Prävention blechen

Die Krankenkassen sollen mehr Geld in die Vorbeugung von Volkskrankheiten investieren. Das sieht die Präventionsstrategie von Schwarz-gelb vor.

Mehr Geld für die Vorsorge. Bild: dapd

BERLIN dpa | Die Koalition will sich stärker um Volkskrankheiten wie Herzinfarkte, Schlaganfälle, Diabetes und Depressionen kümmern. Schwarz-gelb möchte die gesetzlichen Krankenkassen zu Mehrausgaben von mehreren hundert Millionen Euro für Vorsorge zwingen, um die immensen Therapiekosten in Milliardenhöhe einzudämmen.

Das sieht ein 16-seitiges Eckpunktepapier für eine neue Präventionsstrategie vor, auf das sich Union und FDP in Berlin geeinigt haben. Gesetzliche Regelungen sollen 2013 folgen.

„Es ist ein Quantensprung für mehr Investitionen in Gesundheit statt in die Therapie von Krankheiten“, sagte Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin. Die SPD zeigte sich dagegen enttäuscht. „Ein bisschen mehr Geld von den Kassen und wohlklingende aber wolkige Ankündigungen und Forderungen sind keine Strategie“, sagte SPD-Gesundheitspolitikerin Angelika Graf.

An Schulen sollen Gruppenuntersuchungen - wie bisher nur vom Zahnarzt - auch für mehr Gesundheitsförderung stattfinden. Erreicht werden sollen Kinder aus Familien mit Migrantenhintergrund und niedrigem Bildungsniveau. Geplant sind Modelle. Die Altersgrenze für U-Untersuchungen von Kindern soll auf 10 Jahre angehoben werden.

Mehr Vorsorge in Betrieben

Die Koalition will die Vorsorge in den Betrieben stärken. Steuererleichterungen von 500 Euro pro Person im Jahr für Unternehmen mit effizienten Präventionsprogrammen sollen laut Singhammer verstärkt auch von kleineren Firmen abgerufen werden. Einigen sich Betriebsrat, Unternehmensführung und Kassen auf Präventionsprogramme, können die Kassen niedrigere Gruppentarife anbieten.

Hausärzte sollen nicht nur Früherkennung, sondern auch verstärkt Gesundheitsvorsorge anbieten. Unter anderem schlechte Ernährung, Rauchen oder andere Belastungen sollen auf Basis einer Empfehlung vom Arzt per Präventionskurs eingedämmt werden. Die täglichen Zuschüsse der Kassen für Kuren sollen von 13 auf 16, bei chronisch kranken Kindern von 21 auf 25 Euro steigen.

Die für Präventionsleistungen der Kassen vorgesehenen Mittel sollen von gut zwei auf sechs Euro für jeden Versicherten angehoben werden. Die Kassen sollen nur noch wirksame Gesundheitsförderung bezahlen, ihr Spitzenverband soll dafür ein Verfahren zur Qualitätssicherung aufbauen. Von den sechs Euro sollen mindestens zwei auf betriebliche Gesundheitsvorsorge entfallen und mindestens ein Euro auf Angebote in Schulen und anderen Lebensräumen, um Problemgruppen zu erreichen.

2011 gaben die Kassen rund 270 Millionen Euro für Prävention aus, pro Versichertem durchschnittlich 3,87 Euro. Damit überschritten sie den vorgeschriebenen Wert von 2,86 Euro. „Die gesetzlichen Krankenkassen konzentrieren sich damit schon heute auf das, was der Bundesgesundheitsminister jetzt fordert - nämlich intensiv die betriebliche Gesundheitsförderung und Maßnahmen in Lebenswelten vor Ort zu fördern“, sagte Gernot Kiefer, Vorstand des Kassenverbandes.

Konkrete Gesundheitsziele

„Wir wollen, dass konkrete Gesundheitsziele im Deutschen Bundestag beraten werden, etwa Diabetes 10 Prozent runter, psychische Erkrankung am Arbeitsplatz 20 Prozent runter“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn. Doch sind Gesundheitsziele nicht konkret enthalten. Sie sollen mit Hilfe eines existierenden Verbunds „gesundheitsziele.de“ von Bund, Ländern, Kommunen, Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft aufgestellt werden. Der Bundestag soll bis Ende der Wahlperiode 2013 breit darüber diskutieren.

Bereits vor mehr als zwei Jahren hatte der damalige Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) eine Präventionsstrategie angekündigt. Die frühere Ressortchefin Ulla Schmidt (SPD) war mit dem Vorhaben eines Präventionsgesetzes gescheitert.

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