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KOMMENTARESchlag gegen Gauck

■ Arbeitsgericht fällt im Fall Fink ein mutiges Urteil

Eines ist gewiß: Das gestrige Urteil des Arbeitsgerichts wird weitreichende politische Folgen haben. Nicht nur, daß nun die Kündigung des ehemaligen Humboldt-Rektors Heinrich Fink in erster Instanz für unwirksam erklärt wurde und damit die Gremien der Universität aufgerufen sind, über seine Wiederbeschäftigung als Professor zu entscheiden. Über den lokal begrenzten Effekt hinaus greift das Urteil zum ersten Mal mit rechtlichen Maßstäben direkt in die aktuelle Stasi-Debatte ein. Richter Bernd Kießling hat in seiner Begründung klargemacht, daß Indizien allein nicht ausreichten, um Entlassungen wegen möglicher Stasi- Mitarbeit vorzunehmen. Damit waren nicht nur die Beklagten (und somit indirekt Wissenschaftssenator Manfred Erhardt) angesprochen, die auf die Befragung von ehemaligen Stasi-Offizieren mit der Begründung verzichtet hatten, diese könnten zur Aufklärung und Wahrheitsfindung nichts beitragen. Indirekt kritisierte Kießling auch die in der Stasi-Debatte um sich greifende Aktengläubigkeit. Somit richteten sich seine Ausführungen auch gegen Gauck. Kießling verwies darauf, daß ihre Auskünfte, »für sich genommen, nicht als wahr zu unterstellen« seien. Mit seiner Vorgabe, auf diesem heiklen Feld Beweise durch sorgfältige Prüfungen und Recherchen herbeizuführen, hat Kießling nichts anderes getan, als auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze zu beharren, die in anderen Verfahren ebenso zur Anwendung kommen. Damit hat er — ungewollt — der Gauck-Behörde den Ruf einer quasi fünften Gewalt genommen. Severin Weiland

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