Schimanski: Ein Stück altes Duisburg
Schimanski ermittelt wieder, zwischen Nachwuchsluden, korrupten Cops und der heimischen Imbissbude. "Schuld und Sühne" ist ein Old-School-Milieuschocker.
"Mach mal 'ne Schranke!" Alles hat sich in Duisburg-Ruhrort geändert, nur die Pommes rot-weiß sind die gleichen geblieben. 1981 begann der Fernsehkommissar Horst Schimanski in der legendären "Tatort"-Folge "Duisburg-Ruhrort" seinen Dienst, jetzt hat es ihn nach einigen Exkursen ins europäische Ausland an den heimischen Imbiss in einer eher nicht so schön modernisierten Fußgängerpassage zurückverschlagen.
Und während der Ex-Kommissar da genüsslich an seinen frittierten Kartoffelstangen nagt, wird er sogleich in die neuesten kriminellen Machenschaften in der alten Heimat reingezogen: in die nassforschen Geschäfte von Nachwuchsdealern und Nachwuchsluden genauso wie in die Abzocke der mit ihnen verstrickten korrupten Bullen (u.a. Hannes Jaennicke). Als der Sohn der Wirtin seiner Stammkneipe, ebenfalls Cop, ums Leben kommt, greift der Alte schließlich ein.
Einen ausgesprochenen Old-School-Milieuschocker haben Regisseur Thomas Jauch und Drehbuchautor Jürgen Werner – verantworteten schon für die angenehm altmodische letzte "Schimanski"-Episode "Schicht im Schacht" aus dem Jahr 2008 - mit "Schuld und Sühne" vorgelegt. Wie ein aus der Zeit gefallener Polizist spielt der 72-jährige Götz George den Ruhrpott-Cop. Statt mit dem Handy was zu checken, fährt er lieber schnell im alten Citroën CX an den entsprechenden Spot. Statt ehemalige Kollegen zu Hilfe zu rufen, erledigt der längst verrentete Beamte die körperlichen Jobs lieber selbst. Sicher ist sicher.
Im dreißigsten Jahr seines Fernsehdaseins bleibt Schimanski also ein proletarischer Aufräumer im besten Sinne; Drecksarbeit ist für ihn Ehrensache. Auch wenn die gesellschaftspolitischen Implikationen eher dünn sind, ergibt sich aus dieser Erdung im aktuellen Fall eine besondere prekäre Note: Vor dem Hintergrund der verzweifelten bis desaströsen Umbauversuche Duisburgs von der Industriebrache zur Dienstleistungs- und Fun-City erscheint ein Bulle alter Schule wie er die letzte Rettung. Weitermachen, alter Mann! Wir brauchen Dich.
"Schimanski – Schuld und Sühne", Sonntag, 30.1., 20.15 Uhr, ARD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind