Schiffsbauer in der Krise: Werften fordern Flottenprogramm
Die Coronakrise belastet Deutschlands Werften – vor allem die Hersteller von Traumschiffen.
Nun darf die Bremer Lürssen-Gruppe mit den Planungen für die Kampfschiffe durchstarten. Lürssen – zur Gruppe gehören Werften unter anderem in Wolgast und Hamburg – wird damit zum Monopolisten im militärischen Überwasserschiffbau in Deutschland. „Der Zusammenschluss folgt den Forderungen des öffentlichen Auftraggebers“, also des Bundes, heißt es vielsagend. Die Bundesregierung hatte kürzlich den Marineschiffbau zur strategischen „Schlüsseltechnologie“ aufgewertet.
Auf eine entsprechende Vorzugsbehandlung hofft nun die gesamte Branche. Rund 3.000 Unternehmen beschäftigen 200.000 Menschen in allen Bundesländern. Doch schon vor Corona ging es den zivilen Schiffbauern mancherorts schlechter als den militärischen: Die Werft in Elsfleth wird von Lürssen geschlossen; die Flensburger FSG steckt in der Insolvenz. In der IG Metall ist man dennoch optimistisch, dass die neue Geschäftsleitung die renommierte Fährschiffwerft FSG über Wasser halten kann.
Besonderheiten der Schiffsbranche
In der Coronakrise bestellen die Reeder aber keine neuen Fähren, Offshore-Versorger oder Kreuzfahrtschiffe. Der Verband für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) warnte daher am Dienstag auf seiner Jahrespressekonferenz „vor der vor uns liegenden Krise“. Noch sind fast alle Werften weitgehend ausgelastet. Doch im Gegensatz zu anderen Industrien liegen im Schiffsbau zwischen Auftrag und Kiellegung manchmal mehrere Jahre. Fehlen heute die Aufträge, erklärte VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken, wird „uns morgen die Arbeit ausgehen“.
Besonders hart trifft es Kreuzfahrer. Der Traumschiff-Urlaub war in den vergangenen Jahren der am stärksten wachsende Tourismuszweig, der Bau von Kreuzfahrtschiffen wurde zum umsatzstärksten Geschäft im Weltschiffbau. Die hochkomplexen Luxusliner, Stückpreis bis zu einer Milliarde Euro, werden fast ausschließlich in Europa produziert. Davon profitierte vor allem die Meyer-Werft in Niedersachsen.
Mittlerweile versuchen sich auch die drei MV-Werften an der Ostsee am Bau von Kreuzfahrern. Sie gehören einem asiatischen Tourismuskonzern. Es geht um Hilfen über 600 Millionen Euro. Auch Niedersachsen will „seine“ Meyer-Werft unterstützen. Der Schiffbauverband VSM fordert zudem ein zeitlich begrenztes „Flottenprogramm“, das öffentliche Aufträge für Küstenwachboote, öffentliche Verkehre und Forschungsschiffe vorzieht und finanzielle Anreize für eine umweltfreundliche Erneuerung der Handelsflotte setzt.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Krieg in der Ukraine
Keine Angst vor Trump und Putin
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden