: Schießt nicht auf den Trottel!
■ Neu im City: „Die Liebe eines Detektivs“ von Alan Rudolph
Zuerst scheint noch alles in Ordnung zu sein: In einer schummrigen Bar beauftragt eine attraktive, geheimnisvolle Dame den hierhin bitte das
tanzende Paar
SIE rückenfrei
Aus: Die Liebe eines Detektivs
knallharten Privatdetektiv Harry Dobbs, ihren bösartigen Liebhaber Rick zu beschatten. Doch dann verschüttet der Enkel Marlowes den Whisky so ungeschickt auf sein Hemd, daß wir das Schlimmste befürchten müssen.
Und tatsächlich verfolgt Dobbs für den Rest des Filmes den falschen Mann, dessen Doppelleben als Bigamist zwar auch ganz interessant ist, aber überhaupt nichts mit dem Auftrag zu tun hat. Wenn dann Dobbs eifersüchtige Freundin auch noch eine Detektivin beauftragt, um ihn selber zu beschatten, und diese ebenfalls ganz reizend unprofessionell zu Werke geht, ist die Transformation vom Film noir zur Farce noir endgültig vollzogen.
„Love at Large“ ist nicht etwa eine weitere Parodie auf die glorreichen Detektivfilme mit Bogart, Mitchum oder Alan Ladd. Nur zu Beginn entsteht der Film
witz aus der Irreführung der Erwartungen und dem Bruch der Konventionen, die sich nach all den guten und schlechten Krimis in unserem Kleinhirn festgesetzt haben.
Seit „Welcome in LA“ hat Alan Rudolph ein großes Thema immer wieder in seinen Filmen variiert. Diesmal ist es in Trenchcoat und Abendkleid gepackt. So wie die Jungschnüfflerin Stella statt eines Handbuchs für Detektive (das sie dringend nötig hätte) das „Love Manual“ liest, so geht es Rudolph nicht um Morde, Verfolgungsjagden und Schießereien, sondern um die amourösen Irrungen und Wirrungen der Filmfiguren. Irgendwann merkt man dann, daß außer Bigamie überhaupt kein Verbrechen stattfindet, daß Neil Young als Rick zwar gefährlich kucken kann, aber Kinnhacken und Pistolen nur Verzierungen einer neoromantischen Liebesgeschichte sind.
In Rudolphs Filmen war nie die Geschichte im Mittelpunkt. Er sagt selbst: „Natürlich muß es zuerst ein Konzept geben, so daß alle etwas haben, mit dem sie her
umspielen können, aber ansonsten machen die Schauspieler, Photographie, Musik, Schnitt und Plot den Film aus - in dieser Reihenfolge“. Diesmal verzichtet Rudolph auf seinen Schauspielerstamm, auf Keith Carradine, Genevieve Bujold oder Geraldine Chaplin. Statt dessen setzt er Tom Berenger als Harry in einer Rolle ein, die im totalen Gegensatz zu dessen vorherigen Filmfiguren steht. Berenger schafft es, ein Trottel zu sein, ohne sich lächerlich zu machen.
Die Entdeckung des Films ist aber Elisabeth Perkins als Stella, die mit gleicher Intensität sehr widerborstig, traurig, verführerisch und verletzlich sein kann. Die Momente, in denen ihre Stimmungen wechseln, sind die aufregendsten des Films.
„Love at Large“ gehört nicht zu den besten Filmen Rudolphs. Neben der verrückten Brillanz von „Choose me“ oder der perfekt stilisierten Atmosphäre von „The Moderns“ ist er nur ein netter, kleiner Spaß. Aber das ist ja auch nicht zu verachten. Wilfried Hippe
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