Scherze zum 1. April: Das Ende des Internets
Eine piratische Justizministerin, ein nackter Außenminister und türkische Straßenschilder für Berlin: Zum 1. April wird die Republik mal wieder nach Kräften veräppelt.
BERLIN taz/dpa | Für viele User muss es eine Horror-Meldung gewesen sein, was tagesschau.de heute behauptet hatte: Das Internet soll ab „morgen um Mitternacht US-Westküstenzeit (9:00 Uhr MESZ)“ für einen ganzen Tag lang abgeschaltet werden. Die letzte der derzeit verfügbaren IP-Adressen seien vor kurzem vergeben worden. Deshalb müssten die wichtigsten Knotenpunkte des Netzes abgestellt, ein neues Adresssystem eingeführt und das Internet damit für „voraussichtlich 24 Stunden“ weltweit lahm gelegt werden. Als Bonus hat tagesschau.de sogar ein fingiertes Interview mit einem empörten Computerexperten geführt.
Mindestens genauso unwahrscheinlich klingt der Aprilscherz, den der bayerische Landesverband der Piratenpartei heute in seinem Blog postet: „Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verlässt das sinkende Schiff FDP“. Man freue sich, dass die Bundesjustizministerin ihrer Politik zum Schutz der Bürgerrechte konsequent gefolgt und in die Piratenpartei eingetreten sei. „Als liberale Frau im Kampf für den Erhalt und die Ausweitung der Freiheitsrechte bleibt mir nichts Anderes übrig“, wird die Ministerin zitiert. Außerdem, so schreiben die bayerischen Piraten, habe Leutheusser-Schnarrenberger „schon immer mal“ Freibeuterin sein wollen: „Arr!“
Der FDP auch am 1. April treu geblieben ist dagegen der Bundesaußenminister. Laut der Tierschutzorganisation „Peta“ hat sich Guido Westerwelle allerdings von seiner Kleidung getrennt: Nach internationalen Stars wie Pamela Anderson oder Alicia Silverstone posiere nun auch der deutsche Außenminister hüllenlos für deren Kampagne „Lieber nackt als im Pelz“ und die Beweis-Fotomontage wird gleich mitgeliefert. Westerwelles Einsatz für die schwächsten Glieder der Gesellschaft sei „ein erfreulicher Schritt“ - und vielleicht sogar ein Weg für die FDP, aus dem Umfragetief herauszukommen.
Einen Weg aus dem Freundschaftstief zwischen Kanzlerin Merkel und dem türkischen Staatschef Erdogan hat der Berliner Tagesspiegel gefunden. Nach den frei erfundenen Informationen der Zeitung sollen das Viertel Kreuzberg und ein Stadtteil Istanbuls „zu deutsch-türkischen Modellregionen“ entwickelt werden. Inklusive zweisprachiger Straßennamen: Aus dem „Kottbusser Tor“ wird „Kottbuss kapasa“, die „Bergmannstraße“ soll den Beinamen „madenci sokaza“ bekommen. Laut „ersten Stellungnahmen“ Berliner Politker zeichne sich allerdings ab, „dass eine Kontroverse kaum zu vermeiden sein wird“.
Auch der Hessische Rundfunk will von unerwarteten Lösungsansätzen für ein europäisches Problem erfahren haben. Auf seiner Internetseite berichtet der Sender heute von einem neuen Vorstoß der Landesregierung: „Hessen kauft griechische Insel“. Damit wolle Ministerpräsident Roland Koch (CDU) das einem Bankrott nahe Griechenland stützen. Gleichzeitig solle ein möglicher Kauf den heimischen Tourismus stärken: „Hessen wäre mit seinem neuen Territorium in der Ägäis in der Lage, die Blumeninsel Mainau im Bodensee als sonnigste deutsche Gegend auf die Plätze zu verweisen“, wird ein CDU-Mann zitiert.
Mindestens ebenso ungewöhnliche Wege will die Ruhr-Universität in Bochum künftig gehen. Zum Sommersemester 2012 solle ein Zwei-Schichten-Betrieb für die Studenten eingeführt werden, kündigt sie in einer täuschend echt wirkenden Pressemitteilung an: „Neueinschreiber können wählen, ob sie von 8 bis 18 Uhr oder von 20 bis 6 Uhr studieren wollen.“ Dies sei nötig, um dem zu erwartenden Ansturm der doppelten Abiturjahrgänge 2012/13 standhalten zu können. Außerdem, so ergänzt die Bochumer Uni, gehöre es im Ruhrgebiet ja zur guten Tradition, in mehreren Schichten zu arbeiten.
In der Blogosphäre ist vor allem der sympathische Weltvermesser Google Opfer zahlloser Aprilscherze. „Turi2“ etwa behauptet, das Unternehmen wolle den deutschen Burda-Verlag kaufen.
Das bekannte Technikblog Techncrunch traut Google sogar einen Einstieg ins Atomgeschäft zu. Allerdings muss man dem Konzern zu Gute halten, dass er auch Scherze über sich selbst machen kann - wie etwa die britische Google-Sparte, die eine neuartige Spracherkennung für Tiere bewirbt. Und Google-Chef Eric Schmid kündigt in seinem Blog sogar an, sein Unternehmen in „Topeka“ umbenennen zu wollen.
In den April geschickt wurden auch Kunden der Supermarktkette Rewe. Sie kündigte an, ihre „Ja!“-Produkte umzubenennen in „Nö!“. Spaßvögel beim FC. St. Pauli lösten dagegen mit ihrem Schabernack Hektik in der Geschäftsstelle aus. Auf der Homepage des Fußball- Zweitligisten sowie der SpVgg Greuther Fürth war zu lesen: „SpVgg Greuther Fürth tauscht Heimrecht! Weiteres Heimspiel für den FC St. Pauli“. St. Pauli-Teammanager Christian Bönig meinte dazu: „Auf der Geschäftsstelle war heute einiges los. Selbst ein Anrufer aus Singapur hat sich gemeldet und wollte Tickets bestellen!“ Wer‘s glaubt, ist selbst schuld.
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