Scheitern von TTIP wahrscheinlich: „Das ist nicht akzeptabel“
Frankreich werde TTIP so nicht unterschreiben, sagt der Pariser Staatssekretär Fekl. Auch bei den US-Bürgern schwindet die Zustimmung.
„Europa schlägt viel vor und bekommt im Gegenzug kaum etwas“, beklagte Fekl. „Das ist nicht akzeptabel.“ Zugleich betonte der Staatssekretär, es könne kein Abkommen „ohne Frankreich, und schon gar nicht gegen Frankreich“ geschlossen werden.
Für Paris sei unter anderem wichtig, dass kleine und mittelständische Unternehmen Zugang zum US-Markt bekämen. Auch der Schutz regionaler Landwirtschaftsprodukte müsse bestehen bleiben.
Fekl kritisierte zugleich, die USA wollten nicht über das in Europa geltende Vorsorgeprinzip im Verbraucherschutz sprechen. Die Verhandlungen seien an diesem Punkt „total blockiert“. Im aktuellen Zustand werde Frankreich das Abkommen nicht unterzeichnen, sagte Fekl.
Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament Bernd Lange (SPD) schließt es aus, dass eine TTIP-Einigung noch in diesem Jahr gelingen kann. „Obwohl wir jetzt drei Jahre miteinander reden, stehen immer noch die Maximalpositionen gegenüber“, sagte er dem Inforadio des RBB. „Die Amerikaner bewegen sich null, null.“ Deswegen sei es schon rein zeitlich dieses Jahr gar nicht mehr möglich, ein vernünftiges Ergebnis hinzukriegen.
Während die Greenpeace-Enthüllungen zu den TTIP-Verhandlungen in Europa hohe Wellen schlagen, werden sie in den USA eher am Rande wahrgenommen. Die Regierung in Washington reagierte mit nur dürren Statements. Gleichwohl steht das Projekt TTIP auch in den USA unter keinem guten Stern. Die Zustimmung in der Bevölkerung zu dem Abkommen mit den Europäern ist gesunken – und im Wahlkampf ist der Freihandel zunehmend zu einem Unwort geworden und der Protektionismus erlebt einen neuen Aufschwung.
Verunsicherung in den USA
Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung verzeichnete eine Zustimmung von nur noch 15 Prozent unter den US-Bürgern zu dem Abkommen; vor zwei Jahren waren es noch 53 Prozent. Zwar lehnten auch nur 18 Prozent das Abkommen ab – doch wenn es um TTIP geht, herrscht bei den US-Bürgern vor allem Verunsicherung: Fast die Hälfte der Befragten sagte, sie habe über das Abkommen „zu wenig gehört“.
In ihrer Reaktion auf die Enthüllungen der Umweltorganisation Greenpeace zum Stand der TTIP-Verhandlungen trat die US-Regierung denn auch dezidiert dem Vorwurf entgegen, das Abkommen sei ein Hinterzimmer-Deal: Die Verhandlungsziele der USA basierten auf „ausgedehnten Konsultationen“ unter anderem mit Unternehmen, Gewerkschaften und Umweltorganisationen, versicherte ein Sprecher des Handelsbeauftragten Michael Froman. Ziel von TTIP sei es, das Wirtschaftswachstum und den Arbeitsmarkt anzukurbeln – und auch, die „Beteiligung der Öffentlichkeit“ an Handelsregulierungen zu stärken.
Doch auch wenn sich Präsident Barack Obama zuletzt nochmal persönlich stark für TTIP ins Zeug legte und bei seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Hannover die Erwartung äußerte, dass die Verhandlungen bis Jahresende abgeschlossen sind – wie nach seinem Ausscheiden aus dem Amt im Januar das Abkommen in Washington weiter behandelt wird, ist höchst ungewiss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Schraubenzieher-Attacke in Regionalzug
Rassistisch, lebensbedrohlich – aber kein Mordversuch