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Scheidender Opel-Betriebsratchef FranzDer Ex-Vorstandsversteher

Vom revolutionären Kämpfer zum Chef des Gesamtsbetriebsrats und Bossversteher: Nach 37 Kampf und Krampf geht Mr. Opel Klaus Franz in den Vorruhestand.

37 Jahre Opelianer: Klaus Franz. Bild: dpa

Was für eine beispiellose Arbeiterkarriere: vom revolutionären Kämpfer (RK) und Agitator in der Lackiererei des Autobauers Opel zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Firma und Chef des Europäischen Arbeitnehmerforums der Opelmutter General Motors (GM). Zudem saß der heute 59-jährige Metallergewerkschafter Klaus Franz über Jahre hinweg im Aufsichtsrat des Unternehmens. Und für die Grünen parteilos und ehrenamtlich im Magistrat Opelstadt Rüsselsheim.

Nach 37 Jahren Kampf und auch viel Krampf ist jetzt Schluss. Klaus Franz, "Gesicht und Stimme von Opel in der Krise" (FAZ), verabschiedet sich zum Jahresende in die arbeitsfreie Zeit seines Vorruhestands; ein Privileg Beschäftigter in Großunternehmen. Man wird den berühmten Arbeiterführer jetzt also öfter auf dem Rüsselsheimer Wochenmarkt antreffen können.

Zuletzt war "der Vorstandsversteher", wie Franz von Betriebsratskollegen wegen seiner mutmaßlichen Nähe zu den Opelbossen despektierlich genannt wurde, allerdings wieder in die Kritik geraten. Von Extrazahlungen an Betriebsratsmitglieder durch Opel war die Rede. Und davon, dass sich Franz im Laufe der Jahre in der Personalverwaltung ein eigenes Reich mit einer eigenen Betriebsratskostenstelle geschaffen und Gelder frei nach Gutsherrenart verteilt habe.

Wie Franz jetzt wissen ließ, scheide er "mit gutem Gewissen" aus dem Unternehmen aus. Opel sei vor jetzt zwei Jahren schließlich "erfolgreich gerettet" worden. Allerdings nicht von Franz. Den Verbleib von Opel im Konzernverbund GM jedenfalls versuchte er bis zuletzt zu verhindern. Der gebürtige Schwabe setzte ganz auf eine Übernahme von Opel durch den Autoteilehersteller Magna. Und auf eine Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaft, die 10 Prozent an New Opel halten sollte. Ihr designierter Boss: Klaus Franz, Arbeiter- und Unternehmensführer in Personalunion. Ein Unikat.

Doch daraus wurde nichts. Unter dem Dach von GM jedenfalls erholte sich Opel Deutschland schneller wieder als von Franz gedacht. Ganz weggesteckt hat er diese Niederlage wohl nie. Jetzt geht Mr. Opel in Pension. Besser so – für ihn und für Opel.

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