piwik no script img

Sonderzahlungen an Opel-Betriebsräte"Glasklarer Verstoß gegen das Gesetz"

Die Betriebsratschefs räumen Extrazahlungen an die Betriebsräte ein. Trotz starker Kritik rechtfertigen sie die pauschalen Leistungen als Ausgleich für Überstunden.

Finanzieller Zuschlag: Betriebsratschefs bei Opel bekamen pauschale Zulagen. Bild: ap

FRANKFURT/MAIN taz | Dass seit Jahren monatliche Sonderzuweisungen an die Betriebsräte von Opel ausgeschüttet werden, wie von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) behauptet, ist inzwischen unstrittig. Der Rüsselsheimer Gesamtbetriebsratsvorsitzende und Vorsitzende des Europäischen Arbeitnehmerforums der Muttergesellschaft General Motors (GM), Klaus Franz, und der Bochumer Betriebsratschef Rainer Einenkel haben Extrazahlungen an Betriebsratsmitglieder über die Lohnfortzahlung hinaus eingeräumt.

Es soll sich um Summen zwischen 300 und 1.500 Euro handeln, von der FAS "Schmiergelder" genannt. Franz weist das zurück. Es handele sich um eine pauschale Arbeitszeitzulage, mit der unter anderem Reisezeiten, Mehrarbeit und Rufbereitschaften von Betriebsräten abgegolten würden.

Arbeitsrechtler hingegen sind skeptisch. Die Zuwendungen seien "ein glasklarer Verstoß gegen das gesetzliche Gebot, dass Betriebsratsarbeit unentgeltlich sein soll, damit deren Unabhängigkeit gewahrt bleibe", so etwa der Bonner Hochschullehrer und Arbeitsrechtsexperte Gregor Thüsing.

Dass sich der in der großen Krise des Unternehmens als Co-Manager "Mr. Opel" gerierende Franz, der lange auf das falsche Pferd - die Firma Magna - setzte, innerhalb der Personalverwaltung zudem ein eigenes Reich mit einer eigenen Betriebsrätekostenstelle (Nummer 73/61) zur Verteilung von Geldern frei nach Gutsherrenart geschaffen haben soll (FAS), ist in Rüsselsheim schon länger ein offenes Geheimnis.

"Zu 100 Prozent gemäß des Betriebsverfassungsgesetzes"

Franz gewähre Lohnerhöhungen und Mehrurlaub "je nach Sympathie und Loyalität", so ein ehemaliges Betriebsratsmitglied im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Mann will anonym bleiben, denn Franz dulde keine Indiskretionen und sei "nachtragend wie eine Kobra". In der FAS, die auf eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Betriebsrat und Opel-Personaldirektor Christian Möller verweist, heißt es, "dass Franz faktisch das Gehalt seiner Mitstreiter bestimmt". Zudem sollen immer mal wieder Boni an bestimmte "verdiente" Betriebsratsmitglieder ausgezahlt worden sein.

Franz selbst weist die Vorwürfe zurück. "Wir bewegen uns zu 100 Prozent auf dem Grund des Betriebsverfassungsgesetzes", sagte er. Mit den Geldern seien pauschal Überstunden abgegolten worden. Einzelnachweise darüber habe man sich gespart, weil bei Opel ja "Bürokratie abgebaut" werden solle.

In Bochum hätten - im Gegensatz zu Rüsselsheim - einfache Betriebsratsmitglieder gar keine Sonderzuwendungen erhalten, so der Werksbetriebsratsvorsitzende Einenkel. Nur die Mitglieder des geschäftsführenden Ausschusses des Betriebsrates würden eine "Aufwandspauschale für ihre Mehrarbeit" bekommen, über deren Höhe Einenkel allerdings nichts sagen wollte.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

9 Kommentare

 / 
  • KK
    Karl K

    Alexander der Große hatte einen klugen Vater: " ein goldener Esel springt über jede Stadtmauer" , (gemünzt auf die Stadtstaaten Griechenlands. )

    Im Klartext: einen Krieg braucht man gar nicht erst führen.

     

    Dass die inkriminierten Zahlungen illegal sind, klar. 

    Dass sie klassen- und gesetzwidrig einem Vorsitzenden eine machtgeile Unterfütterung seiner Stellung schaffen, ein Skandal. 

     

    Ja, gewiß.

     

    Der Hammer liegt aber woanders: durch  die Zahlungen - wie auch die Puffreisen  ala Peter  Hartz - wird die Arbeitnehmervertretung als Gegenüber der Arbeitgeberseite eliminiert.

     

    Die Zahlungen liegen auf der gleichen Ebene wie der VW-Campingbus für den JugoslawienUrlaub eines gewissen Gerd Schröder oder der Erlaß der Spekulationsschulden( ca 200.000 DM nach dem WK II !)  Conrad Adenauers durch Pferdmenges/ Abs ( später Deutsche Bank).

     

    All diese Leute sind ab da " gekauft".

     

    Natürlich sind in den Chefetagen die Zahlungen einschl. Procedere wie auch die Bordellaktivitäten genaustens bekannt . Wozu hat man eine Buchführung und abhängig Beschäftigte ?

     

    So wie den Kommunen mittels "Goldenem Zügel" ab den 60/70gern die Flausen der Geldverschwendung ausgetrieben wurden, Helmut Kohl mit seinem Bimbessystem außerhalb der Verfassung Abweichler disziplinierte.

     

    So sind die Mitglieder der Arbeitnehmervertretungen zu Marionetten degradiert. Und sie wissen das. Alles andere ist Show und für die Galerie. 

  • J
    John

    Die Nebelbombenaktion der IGM hat funktioniert. Am Sonntag hatte sich Franz hilfesuchend an die IGM gewandt´, die jetzt genau das gegenteil behauptet wie in der AUB-Affäre.

    Aber wofür die Nebelbomben?

    Franz hat den Kriegsschauplatz auf seine BR-Ausschüsse gelenkt, die nach seinen Angaben 1300 € monatlich bekommen.

    Was fehlt????

    Genau! Ist mir auch zuerst nicht aufgefallen vor lauter Nebel.

    Franz drückt sich davo seine Bezüge offen zu legen. Das hat mit Sicherheit einen Grund!

    Und wieso fragt ihn keiner aus der Presse danach?????

  • I
    ilmtalkelly

    @ Prof. Dr. Erhard Tietel

     

    Als einfaches Betriebsratsmitglied mit dem Gehalt des Produktionsarbeiters wird mir wirklich manchmal weh ums Herz, wenn ich in Verhandlung um zb.eine BV mit hohen Angestellten am Tisch sitze. Doch heilsam ist der Gedanke daran, von wem ich die Zuwendung bekäme und welche Forderung daraus entstünde. Würde man dieses Ehrenamt finanziell höher bewerten als den Arbeitsplatz, wären weit weniger idealistisch motivierte Betriebräte im Amt, denn die Zahl der Bewerber, deren Motivation Geld ist, wäre repräsentativ im Betriebrat. Genau das will der Gesetzgeber verhindern. Als Vorsitzender des Sozialausschusses vertrete ich sehr oft die schwächsten der Firma und das konfrontativ. Diese Auseinandersetzung käme bei einem falsch motivierten Betriebrat nicht zustande.

    Die bessere Bezahlung der Betriebsratsmitglieder öffnet der Co- Managementfalle Tür und Tor.

    Bevor man sich zur Wahl zum Betriebrat stellt, sollte man sich seiner rein idealistischen Gesinnung zum Amt bewußt sein.

    Die geheimen Zuwendungen eines Ag an einen Betriebsratsmitglied werden im Streitfall nicht selten gegen das Betriebratsmitglied verwandt.

    Geld und Ehrenamt- absolut no go.

    Die Sätze, wie Sie sie verwenden, Prof.Dr. Tietel, hören sich an, wie das Werbegebahren meines AG. In der gleichen schmeichelnden Weise bekomme ich den Sülz vom armen Betriebsrat mit dem hohen Aufgabenbereich honibartmäßig aufgetischt.

    Ein Betriebsrat ist den Arbeitnehmern und seinem Gewissen verpflichtet.Da gibt es keinen Spielraum.

  • ET
    Erhard Tietel

    Liebe TAZ,

     

    in meinem obenstehenden Kommentar gibt es leider einen Fehler. Es gibt in Deutschland 500.000 Betriebsratsmitglieder und nicht 50.000. Könnten Sie das bitte noch ändern?

     

    Vielen Dank und Gruß

    Erhard Tietel

  • H
    Hinterdatz

    Ich war 35 Jahre Betriebsrat in der AEG und Nachfolge-

    firmen, zuletzt T-Systems. Alle mir bekannten Betriebsratsmitglieder hatten in dieser Richtung immer eine saubere Weste! Umso erschütterter waren wir, als wir von den brasilianischen Nächten der VW-Räte hörten und jetzt die "Überstundenpauschalen" beu Opel zur Kenntnis nehmen mussten. Das ist in keiner Weise sauber, sondern stinkt deutlich nach Bestechung! Die Betriebsräte müssten nur wie jeder Betriebsangehörige ordentlich Mehrarbeit beantragen und sich auszahlen lassen: Dann wäre der Gestank weg.

  • PD
    Prof. Dr. Erhard Tietel

    „Glasklarer Vertoß gegen das Gesetz“ – Sonderzahlungen an Opel-Betriebsräte

     

    Es schmerzt, dass jetzt auch noch die TAZ auf die von einigen arbeitgebernahen Arbeitsrechtlern angestoßene Kampagne gegen die angeblich zu hohe Bezahlung von Betriebsräten einstimmt. Auch wenn es in manchen Großkonzernen in Form von Sonderzahlungen den ein oder anderen ‚Ausrutscher’ nach oben geben mag, ist das eigentlich Beschämende, wie unterbezahlt das Gros der 500.00 Betriebsratsmitglieder ist. Viele Betriebsratsvorsitzende oder freigestellte Betriebsräte, die in Steuerungs- und Projektgruppen an betrieblichen Reorganisationsprozessen mitwirken und nicht selten deutlich mehr als das häufig wechselnde Management ihrem Betrieb, den Produkten, dem Standort und den beschäftigten Menschen verpflichtet sind, bekommen ihre Führungsverantwortung auf Arbeitnehmerseite nicht oder nur marginal entlohnt. Überwiegend arbeiten sie zum selben Geld, das sie zuvor als Facharbeiter oder als technische oder kaufmännische Angestellte hatten (teilweise zuzüglich von betriebsüblichen Karriereerwartungen, um die es jede Menge Rechtsstreit gibt, weil diese nur schwer nachweisbar sind). Vorstände, Geschäftsführer und Personalchefs können nur milde darüber lächeln, was diejenigen verdienen, die ihnen tagtäglich in den Verhandlungen gegenübersitzen. Genau dies – und nicht die übermäßige Bezahlung – ist der eigentliche Skandal. Damit kann man jedoch den Neid der Mitmenschen medial nicht befriedigen wie es – ich wiederhole mich – leider auch die TAZ tut.

  • Y
    yberg

    diesen ausgezahlten lohnbestandteile,aufwandsentschädigungen,wohlverhaltens

    zuwendungen,gewerkschaftsprämien oder boni oder schlicht bestechungsgelder,wenn auch für ein großunternehmen in lächerlicher höhe fehlt schlicht,wenn es so gehandhabt wurde ,die rechtsgrundlage.

     

    selbst sehen sich ig metall manager n augenhöhe mit den unternehmenslenkernschon ange nicht mehr aus der perspektive der arbeitnehmer und der bürger.dies wird zusätzlich von unternehmensverantwortlichen auch aktiv gefördert in zuwendungsformen aller ausprägungen.

     

    in einer branche in der mitarbeiterrabatte in guten zeiten für alle mitarbeiter durch verkauf der jahreswagen ein gutes dem betriebsfrieden dienendes geschäft war und die zulieferindustrie antritts- und eintrittsschmiergelder in millionenhöhe zahlt,selbst großunternehmen siehe vfl wolfsburg alle maßstäbe verlieren und ungewöhnliche finanzierungsmodelle

    einsetzen sind außergewöhnliche zuwendungen an betriebsräte brosamen.

     

    wer jedoch die kungelei der arbeitnehmervertreter in aufsichtsräten erlebt ist sich sicher,daß da weitaus mehr an wohltaten zuwächst.

     

    daß franz sich derart angreifbar macht ist verwundernswert,ich hätte ihn für intelligenter gehalten.

     

    auf jeden fall ist irgendwas bei opel im busch,wenn die dicke berta

    der bundesdeutschen kapitalinteressen fazss mit schmutz wirft.

  • F
    fan

    "Arbeitsrechtler hingegen sind skeptisch ..." schreiben sie. Und dann wird der gleiche Professor zitiert der schon im FAS Artikel benannt wurde. Wenn sie schon den Plural benühen hätte ich mir mal eine zweite Meinung gewünscht. Beim Hessischen Rundfunk z.B. hat man das gemacht und hat herrausgefunden, das sich Franz rechtlich einwandfrei verhalten hat.

  • OG
    Offenes Geheimnis

    Es ist doch ein offenes Geheimnis, dass die Betriebsräte bei Grosskonzernen schnell Gehaltsgruppen erreichen, die ein Kollege mit "normaler" Arbeit erst viel später, oder gar nicht, erreicht.