Schalke verliert 0:5 in Kaiserslautern: Von der Realität eingeholt
Nach dem desaströsen 0:5 gegen den 1. FC Kaiserslautern gerät das Modell Magath wieder in die Kritik. Dabei sah zuvor alles nach einer gelungenen Wende auf Schalke aus.
KAISERSLAUTERN taz | Manuel Neuer fiel es schwer, diplomatisch zu bleiben. Nachdem ihn ein Reporter gefragt hatte, ob er sich von seinen Vorderleuten nicht im Stich gelassen fühle, sagte er erst mal nichts. Dann sagte er: "Dazu will ich nichts sagen."
Übersetzt heißt das natürlich Ja. Neuer deutete an, dass er intern gleich Klartext reden werde: "Zum Glück haben wir eine lange Busfahrt, da kann man einiges ansprechen." Mit 0:5 war Schalke beim 1. FC Kaiserslautern untergegangen, und hätte Neuer nicht so gut gehalten, es hätte am Ende auch 0:8 heißen können.
Zuvor hatte Neuer ein apokalyptisches Szenario an die Wand gemalt: "Wenn wir jedes Spiel so spielen, steigen wir auf jeden Fall ab", ätzte Neuer, der nicht verstehen konnte, warum die Schalker Profis "den Kampf auf dem Betzenberg nicht angenommen" hatten. Noch vergangenen Mittwoch, nach dem 3:0 in der Champions League gegen Lyon und dem daraus resultierenden Einzug ins Achtelfinale, glaubte ganz Schalke nun die Wende zum Besseren erlebt zu haben.
Aber die peinliche Pleite beim Aufsteiger in der Pfalz brachte die Realität in Schalke wieder ans Tageslicht. Die Erfolge in einer schwachen Gruppe in Europas Eliteliga und zuletzt sieben Punkte in der Liga blendeten bis Samstag die desaströse Bilanz des letztjährigen Vizemeisters in der Bundesliga aus. Sieben Niederlagen und nur drei Siege in 14 Spielen bedeuten nur 13 Punkte und Platz 15.
Die von Trainer und Manager Felix Magath komplett veränderte Erfolgself der letzten Saison gab in Lautern ein Bild des Schreckens ab. Selten hat man Magath so ratlos und enttäuscht gesehen wie nach dieser 90 Minuten langen Demütigung in Kaiserslautern. Es passte ins Bild, dass Magath sagte: "Es gibt keine Erklärung, wie eine Mannschaft drei Tage nach dem Spiel gegen Benfica Lissabon so eine desolate Leistung abliefern kann." Schalke hatte gegen Lyon 3:0 gewonnen. Wenigstens wussten die verwirrten Schalker, dass sie nicht beim FK Pirmasens verloren hatten, sondern beim FCK.
Die Schalker Fans hatten spätestens nach dem frühen 3:0 "die Schnauze voll". Den langen Rest des Grauens ertrugen sie stumm, bevor sich nach dem Abpfiff der Volkszorn entlud: "Magath raus!", schallte es aus der blau-weißen Kurve. Das Modell Magath steht auf dem Prüfstand, das Grundvertrauen in den Trainer scheint nach den riskanten Personalrochaden vor der Saison erschüttert. Es wird ungemütlich auf Schalke tief im November.
Nur Siege in der Liga können die vergiftete Atmosphäre beruhigen. Das Programm bis Weihnachten aber ist hart: Am Wochenende kommt der FC Bayern, dann gehts zum Zweiten nach Mainz, bevor Köln Punkte gegen den Abstieg in Schalke holen will.
Ein Grundübel seiner Elf hat Magath mittlerweile erkannt: "Viele Spieler bewerten die Champions League zu hoch und begreifen nicht, dass die Bundesliga unser Tagesgeschäft ist", erklärte er. Aus seiner Generalkritik klammerte Magath nur Jefferson Farfan, Manuel Neuer und Christoph Metzelder aus.
In Kaiserslautern mangelte es der Mannschaft von Magaths Gnaden an allem, was den Gegner auszeichnete: Laufbereitschaft, Leidenschaft und dem Antrieb, die eigenen Grenzen überwinden zu wollen. Neuer legte den Finger tief in die Schalker Wunde: "Ich weiß, wie es ist, hierhin zu fahren. Das ist eine eklige Strecke, egal ob mit dem Zug oder mit dem Auto. Wenn man in der Kälte steht und so eine Mannschaftsleistung sieht, kann ich den Fan-Aufstand verstehen", sagte Neuer. Ob sie die Kraft aufbringt, das Fanvolk wieder zu beruhigen und die Saison in der Liga noch zu retten? Seit Samstag sind die Zweifel an den Profis und ihrem Trainer und Manager größer geworden.
Beim Aufsteiger aus Kaiserslautern hingegen ist nach diesem grandiosen Auftritt die Zuversicht gewachsen, konkurrenzfähig in Liga eins zu sein. "Wir sehen die Saison als Entwicklungsprozess. Wichtig ist, dass wir in den letzten Wochen gemerkt haben, dass wir stetig besser werden", sagte Srdjan Lakic, der seine Saisontreffer acht und neun erzielt hatte, "wir können uns aber natürlich auch noch viel kaputt machen." In Trümmern liegen in der Liga derzeit andere Vereine, einer davon heißt Schalke 04.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?