Saudi Aramco geht an die Börse: Öl regiert immer noch die Welt
Anleger werden in den saudischen Staatskonzern investieren, obwohl er einem Despoten gehört. Außer der Dividende ist ihnen alles egal.
W ie weit ist die Welt von echtem Klimaschutz entfernt? Eine Orientierung wird der Börsengang von Saudi Aramco geben, 2017 der profitabelste und größte Ölkonzern der Welt im Besitz Saudi-Arabiens und damit der Königsfamilie. Er steht für 17,2 Prozent der weltweiten Erdölreserven und 10 Prozent der aktuellen Förderung. Kronprinz Mohammed bin Salman will nur ein paar Prozent an die Börse bringen, doch schon das bringt zweistellige Milliardenerlöse.
Der Konzern ist wegen seiner Größe ein guter Maßstab, wie hoch die Finanzmärkte die Ölreserven der Welt insgesamt bewerten. Saudi Aramco wird auf 1,5 (Analysten) bis 2 (bin Salman) Billionen Dollar geschätzt, damit kämen die Ölreserven weltweit auf einen Buchwert von 8,7 bis 11,6 Billionen Dollar.
Geld, das allmählich abgeschrieben werden müsste, würden die weltgrößten Fonds und Banken, die den Börsengang begleiten, wirklich davon ausgingen, dass Klimaschutz zum Standard wird. Während Investoren aus Europa und den USA aus Klimagründen allmählich nicht mehr in Öl und Gas investieren, glaubt der Rest unverdrossen an den Wert der fossilen Rohstoffe.
Sie werden investieren, obwohl Saudi-Arabien eine Bananenrepublik ist, der ein UN-Bericht attestiert, dass der Staatschef womöglich persönlich Verantwortung für den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi trägt. Warum sollte man in einem solchen Land ohne Gewaltenteilung, freie Justiz und freie Presse einem Staatskonzern wie Saudi Aramco Glauben schenken, dessen Ölreserven seit Jahrzehnten angeblich nicht sinken? Letztlich ist das egal: Alle an dem Börsengang Beteiligten verdienen umso mehr, je höher sie den Kurs pushen. Interessenkonflikt pur.
Auch den Investoren ist das alles egal. Sie sehen die hohe Dividende, mit denen Saudi-Arabien lockt. Dabei steckt das Land den Erlös des Börsengangs in seinen Staatsfonds und damit in erneuerbare Energien: Der Kronprinz weiß, dass seine Ölquellen bald weniger wert sind. Er verkauft zu einem guten Zeitpunkt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance