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SanssouciWille zum Lärm

■ „Fudge Tunnel“ spielen heute im Knaack

Da wär' es mal wieder. Grunge soll es sein, was Fudge Tunnel spielen. Diesmal könnte glatt die richtige Schublade aufgezogen worden sein, denn obwohl das Trio nicht aus Seattle, ja noch nicht mal aus den Staaten stammt, rumpelt und rollt der Rhythmus eben genauso schwammig, genauso verzögert, wie der Langmähnige das so gerne hat.

Trotzdem, möglicherweise wegen ihrer britischen Herkunft, gingen Fudge Tunnel anfänglich eher unter in all der Hysterie um Nirvana und das restliche Alternativ-Gerocke. Dabei existieren sie schon ein gutes halbes Jahrzehnt, und damit länger als zum Beispiel Helmet, die gerne und oft zur Beschreibung von Fudge Tunnel herangezogen werden.

Der Vergleich ist stimmig, leben doch auch die New Yorker von der Differenz zwischen den massiven Gitarrenwänden und den ansatzweise harmonischen Melodien, die die güldene Mitte zwischen Death-Kreischen und Rock-Gesäusel suchen und finden. Und der Vergleich trifft bei Sänger und Gitarrist Alex Newport auf Verständnis: „Helmet sind doch eine Klasseband.“

Der andere, ungleich erdrückendere Vergleich ist Nirvana. Wie früher auf „Bleach“, als sie noch keine Megaseller waren, so sollen Fudge Tunnel klingen. Woran auch irgend was dran ist, aber die Briten sind halt doch eher Metal denn Rock. Und gute Kumpels von Sepultura, mit denen sie auf Tour waren und gar Bett und Bandbus teilten. Das Label „Earache“ verpflichtet zusätzlich, und auch wenn Fudge Tunnel auf der aktuellen CD „Creep Diets“ ein kleines Stück Richtung Harmonisierung gegangen sind, wirken ihre Bemühungen in diese Richtung doch weniger ehrlich als der Wille zum Lärm.

Im Gegensatz zu „Bleach“, auf der wie der Tiger im Tank immer das Potential zu „Nevermind“ zu spüren war, fühlen sich Fudge Tunnel eher an, als wäre da noch mehr wirklich bösartiger Metal eingeschlossen.

So sind Fudge Tunnel klassische Vertreter jener, in England vor allem von Earache geprägten Schule, nach der sich Bands, die von ihrer Sozialisation eigentlich Hardcore spielen müßten, der Erforschung der Extremitäten des Metals hingeben. Und nicht nur musikalisch, sondern auch textlich haben sie nicht mehr viel gemeinsam mit den eigenen Urahnen. Noch mal Alex: „Ich möchte keine Lieder schreiben wie all diese Punkbands, nach dem Motto ,Margaret Thatcher is bad.‘ Es ist viel interessanter, Menschen zum Nachdenken zu bringen, damit sie sich ihre eigene Meinung bilden.“ Studentenrock kann manchmal ganz schön laut werden. Thomas Winkler

Heute um 22 Uhr im Knaack, Greifswalder Str. 224

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