Sanssouci: Nachschlag
■ Minimal art von Suzan Frecon bei Franck und Schulte
Untitled, 1993 Abbildung: Galerie
Als Suzan Frecon vor zweieinhalb Jahren zum ersten Mal in der Galerie Franck und Schulte gastierte, da zelebrierte die 52jährige in New York lebende Malerin die hohe Kunst der Beschränkung. Die großformatigen Gemälde, die Frecon damals zeigte, bestanden aus jeweils nur einem Farbton: die einen waren preußischblau, die anderen weinrot. Doch aus der radikalen Begrenzung auf diese zwei Farben entwickelte die Künstlerin eine faszinierende Vielfalt. Nur auf den ersten Blick erinnerten Frecons Bilder an die Farbraummalerei der sechziger Jahre. Tatsächlich bestand Frecons Kunstgriff darin, matte Dispersionsfarbe und glänzenden Lack im selben Farbton in scheinbar chaotischer Anordnung zu vermischen. So entstand ein unentwirrbares Geflecht von verschiedenen „Aggregatzuständen“ der gleichen Farbe: durchlässig, weich und stumpf auf der einen Seite; hart, abweisend, fast metallisch auf der anderen. Diese Nuancen waren nicht einfach zu entdecken – man mußte sich schon ziemlich bücken, um diese Unterschiede im Gegenlicht zu erkennen.
Für ihre neueren Gemälde hat Frecon ein wesentlich aufgeräumteres, eindeutigeres Kompositionsprinzip gewählt: Die Leinwände sind in scharfkantige, geometrische Felder unterteilt, auch ist die Farbpalette reichhaltiger geworden. Jetzt dominieren kräftige Grüntöne die Leinwände, sanftes Azurblau, Ocker, Rotbraun oder Orange. Ihrer Grundidee ist Frecon jedoch treu geblieben. Auch in den neuen Arbeiten, denen die Künstlerin wie stets den Titel „Untitled“ gibt, kombiniert sie matte und glänzende Farbsubstanzen. Die mit matter Farbe gemalten Partien erscheinen so, als könne man durch die Oberflächen hindurchsehen, als sei eine räumliche Tiefe entstanden, die sich unabhängig vom Bildträger Leinwand ergibt. Die glänzenden Teile dagegen sind undurchlässig wie eh und je. Sie wirken wie aufgeklebt, als bestünden sie aus einem völlig anderen Material. Das ist das Beeindruckende an Frecons Gemälden: mit anzusehen, wie Farbe zu einem Stoff mit ganz eigenen, von Valeurs und Pinselführung unabhängigen Charakteristika wird. Frecon, Angehörige der zweiten Generation der speziell in den USA nach wie vor sehr einflußreichen Minimal art, ist hierzulande noch verhältnismäßig unbekannt. Zu Unrecht, wie diese Ausstellung beweist. Ulrich Clewing
Bis 25.3., Mo.–Fr. 11–18 Uhr, Sa. 11–15 Uhr, Galerie Franck und Schulte, Mommsenstraße 56, Charlottenburg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen