Sanktionen gegen Syrien: Blockade im Sicherheitsrat
Russland und China haben im UN-Sicherheitsrat gegen neue Syrien-Sanktionen gestimmt. Die USA, Frankreich und Großbritannien verurteilen ihr Vorgehen.
Der Entwurf wurde am Dienstag in New York von neun der 15 Ratsmitglieder angenommen. Bolivien stimmte wie Russland und China mit Nein. Enthaltungen kamen von Kasachstan, Äthiopien und Ägypten. Um angenommen zu werden, müssen neun Mitglieder mit Ja stimmen, zudem darf es kein Veto geben.
Experten einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen sowie der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) waren im vergangenen Oktober zu dem Schluss gekommen, dass syrische Truppen in den Jahren 2014 und 2015 drei Ortschaften mit Chemiewaffen angriffen. Damaskus bestreitet das.
Es war bereits das siebte Mal, dass Moskau von seinem Vetorecht im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen Gebrauch macht, um den Verbündeten Syrien vor Sanktionen zu schützen. China stimmte zum sechsten Mal mit Nein.
Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich bereits vor der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat gegen eine Verschärfung der Syrien-Sanktionen ausgesprochen und diese als „vollkommen unangemessen“ während der laufenden Friedensgespräche in Genf bezeichnet. Weitere Strafmaßnahmen würden den Friedensprozess erschweren, sagte Putin am Dienstag in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek. Vielmehr würden sie dazu beitragen, „Vertrauen zu beschädigen oder zu unterminieren“.
„Diese Resolution ist sehr angemessen“, sagte die US-Botschafterin bei der UNO, Nikki Haley, nach dem Veto. Sie sprach von einem „traurigen Tag im Sicherheitsrat“. Frankreichs Außenminister Jean-Marc Ayrault erklärte, Russland habe eine „große Verantwortung gegenüber dem syrischen Volk“. Die Resolution wäre „essenziell für Frieden und internationale Sicherheit“ gewesen. Auch der britische Außenminister Boris Johnson zeigte sich „tief enttäuscht“ vom Veto Russlands und Chinas.
Putin bedauerte in Bischkek überdies, dass die derzeitigen Genfer Syrien-Verhandlungen zwischen der Regierung von Präsident Baschar al-Assad und dessen bewaffneten Gegnern unter Schirmherrschaft der UNO „nicht so reibungslos voranschreiten wie erwartet“.
Fateh Al-Scham bekennt sich zu neuer Anschlagsserie
Der russische Vize-Außenminister Gennadi Gatilow sagte in Genf, zusätzlich zu den dort verhandelten drei Komplexen Regierungsführung, Verfassung und Wahlen gehöre unbedingt noch das Thema Terrorismus auf die Tagesordnung. Gatilow äußerte sich nach einem Treffen mit dem Leiter der syrischen Regierungsdelegation, Baschar al-Dschaafari.
Dieser hatte nach der tödlichen Anschlagsserie in Syriens drittgrößter Stadt Homs mit dutzenden Toten am Wochenende von allen Assad-Gegnern eine Verurteilung des Terrorismus gefordert.
Für die syrische Regierung waren es die seit Jahren folgenschwersten Anschläge. Die Selbstmordattentäter hatten ihre Sprengsätze vor den Gebäuden der Staatssicherheit und des Militärgeheimdienstes gezündet. Der UN-Sondergesandte für Syrien, Staffan De Mistura hatte die Anschläge als Versuch gewertet, die neuen Friedensgespräche zu torpedieren.
Zu den Anschlägen hatte sich die Dschihadistenmiliz Fateh al-Scham bekannt. In einer seltenen Videobotschaft, die am späten Montagabend veröffentlicht wurde, sprach der Chef der Gruppe, Abu Mohammed al-Dscholani, von einer „Botschaft an die besiegten Politiker in Genf“. Die Oppositionsführer müssten abtreten „und den Krieg unserem Volk überlassen“, forderte er. „Diese Politiker überlassen dem Regime den Sieg, ohne siegen zu müssen.“ Er kündigte zugleich weitere Anschläge an.
Fateh al-Scham hieß früher Al Nusra-Front und war der syrische Ableger des Al Kaida-Netzwerks, von dem sich die Gruppe inzwischen offiziell losgesagt hat.
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