Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger: Nur bei fünf Prozent straft das Amt
Frauen, auch solche ohne Kinder, werden seltener vom Jobcenter sanktioniert als Männer, ergab eine Studie. Warum das so ist, geht aus der Untersuchung nicht hervor.
![](https://taz.de/picture/202218/14/12072611_job_ap.jpg)
BERLIN taz | Wer als Hartz-IV-Empfänger eine angebotene Arbeit oder Maßnahme ablehnt, dem kann die Leistung gekürzt werden. Die Jobcenter sanktionieren aber bei Männern häufiger als bei Frauen, und zwar auch dann, wenn die Frauen keine Kinder zu betreuen haben und daher vermittlungsfähig sind.
Die neuen Zahlen gehen aus einer am Donnerstag veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Die beiden Forscher Joachim Wolff und Andreas Mozcall untersuchten dabei die Quoten der Sanktionen aufgrund „schwerwiegender Pflichtverstöße“. Diese Sanktionen bestehen aus einer Kürzung, beziehungsweise bei den unter 25-Jährigen aus einer völligen Streichung des Regelsatzes.
Insgesamt wurden bei nur fünf Prozent der erwerbsfähigen BezieherInnen von Hartz IV aufgrund von schweren Pflichtverstößen Leistungen gekürzt. Bei alleinstehenden Männern in Westdeutschland lag die Sanktionsquote bei 9,3 Prozent, bei alleinstehenden Frauen aber nur bei 4,1 Prozent (Osten: 6,9 beziehungsweise 3,0 Prozent).
Es sei „nicht a priori klar, inwieweit die vorliegenden Unterschiede dadurch zustande kommen, dass Männer eher als Frauen nicht mit den Jobcentern kooperieren oder aber eher als Frauen von den Jobcentern aktiviert werden“, schreiben die Autoren Wolff und Mozcall. Ob die Jobcenter gegenüber den Frauen also einen weicheren Kurs verfolgen oder die Frauen eher Beschäftigungsangebote annehmen, geht aus der Untersuchung nicht hervor.
Gute Arbeitsmarktlage führt zu mehr Sanktionen
Laut den IAB-Daten sind die Sanktionsquoten im Westen höher als im Osten. Das liege daran, so vermuten die Forscher, weil die Arbeitsmarktlage im Westen besser ist. Die Jobcenter können daher den Hartz-IV-Empfängern im Westen eher Beschäftigungsangebote unterbreiten und dies führt dann bei Ablehnung zu mehr Sanktionen. Die höchste Sanktionsquote (11 Prozent) gibt es bei den unter 25-jährigen Männern in Westdeutschland. Leute mit Hochschulabschluss werden seltener abgestraft als weniger Gebildete.
Die Sanktionsquoten von Hartz-IV-Beziehern mit ausländischer Nationalität liegen etwas unter der Quote der Deutschen, der kleine Unterschied wird von den Forschern nicht gesondert interpretiert.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Nichtwähler*innen
Ohne Stimme