Salafisten in Frankreich: Angriff auf Feministin
Islamisten versuchen, das ehemalige Femen-Mitglied Amina Sboui kahl zu scheren. So wurden früher Geliebte deutscher Soldaten bestraft
PARIS taz | Fünf Männer haben mitten in Paris die tunesische Feministin Amina Sboui attackiert und sie teilweise kahl geschoren. Am Montag reichte sie gegen die ihr nicht bekannten Angreifer auf dem Polizeikommissariat Strafklage ein. Die Journalistin des Nouvel Observateur Sara Daniel, die sie dorthin begleitete, bestätigte gegenüber der taz, dass Amina auf dem Kopf deutliche Spuren einer teilweisen Rasur aufweise.
Das ehemalige Femen-Mitglied hatte im vergangenen Jahr in Tunesien mit Nacktfotos und dem Slogan „Mein Körper gehört mir!“ auf seiner Facebook-Seite für viel Aufsehen und Empörung bei Islamisten gesorgt. Sboui hatte damals Todesdrohungen aus Salafisten-Kreisen erhalten und wurde vorübergehend von Familienmitgliedern entführt. Seit Sommer 2013 lebt sie in Frankreich, wo sie studiert.
Auch im Pariser Exil ist die politisch engagierte 19-Jährige nicht sicher vor Drohungen und Aggressionen. Sie war am Sonntag nach 6 Uhr früh mit der Metro auf dem Heimweg, als ein tunesischer Landsmann sie erkannt habe und ihr dann gefolgt sei, wie Sboui Sara Daniel berichtete. In einer Straße unweit der Place de Clichy hätten sich ihm vier andere bärtige Männer angeschlossen. Die fünf hätten sie dann gestoppt und belästigt. „Du verdienst die Schönheit nicht, die Allah dir gegeben hat“, habe einer gesagt. Danach hätten die Männer versucht, ihr die Haare und die Brauen wegzurasieren.
Sie hätten erst von ihr abgelassen, als sie versprochen habe, sich künftig wie eine „Gläubige“ zu verhalten und einige ihr bekannte Koranverse zitiert habe. Es ist laut Sara Daniel der erste Fall einer solchen islamistischen Aggression mit der aus anderen Epochen bekannte Demütigung des Kahlscherens. In Frankreich erlitten nach dem Krieg die Geliebten deutscher Soldaten diese Form öffentlicher Sühne und Rache.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Israel demoliert beduinisches Dorf
Das Ende von Umm al-Hiran
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Telefonat mit Putin
Falsche Nummer
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen