Saisonendspurt bei US-Basketballern: General in Quarantäne
Die LA Lakers sind von Verletzungspech verfolgt. Dennis Schröder blieb nichts anderes übrig, als in die Chefrolle zu schlüpfen. Jetzt fehlt auch er.
B is vor gut einem Jahr war Quarantäne ein Wort, das man vielleicht aus auf Flughäfen spielenden Doku-Soaps kannte, eher selten aber nur aus eigener Anschauung. Mittlerweile sind wir alle Experten geworden, vor allem aber Dennis Schröder. Der muss jetzt schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate in die Isolation im Rahmen der Gesundheitsvorschriften der NBA – normalerweise ein Chiffre für ein Coronaproblem.
Ob der deutsche Basketballnationalspieler selbst infiziert ist mit Covid-19 oder ob er, wie schon im Februar, nur Kontakt mit einem positiv Getesteten hatte, ist nicht bekannt. Sicher ist: Er wird seinem Klub, den Los Angeles Lakers, wohl fehlen bis Mitte Mai, wenn die Playoffs in der NBA beginnen. Ein „schwerer Verlust“, so Lakers Trainer Frank Vogel. Dafür, dass er sich – im Gegensatz zu den meisten seiner Mannschaftskollegen – nicht gegen Corona impfen lassen wollte, hat sich Schröder bislang noch keine Kritik der Lakers eingehandelt, jedenfalls keine offizielle.
Der gebürtige Braunschweiger hatte sich kürzlich in einem Interview als Impfskeptiker geoutet und erklärt: „Ich bin einer, der grundsätzlich nicht gern Schmerzmittel und solche Sachen einnimmt.“ Er und LeBron seien die einzigen bei den Lakers, so Schröder, die noch nicht geimpft seien.
Tatsächlich könnte Schröders Ausfall kaum zu einem ungünstigeren Zeitpunkt kommen. Die Lakers, im vergangenen Sommer noch strahlende Sieger des NBA-Titels, rutschen gerade immer mehr ab in der Tabelle. Wenn es bald nicht wieder besser läuft, könnte der Titelverteidiger die direkte Qualifikation für die Playoffs verpassen. Stattdessen droht das sogenannte Play-in-Turnier: Insgesamt acht Mannschaften spielen in einem Doppel-K.o.-System die letzten vier der insgesamt 16 Playoff-Plätze aus. Eine Idee der NBA, um die Pandemie-geplagte Spielzeit attraktiver zu machen. Eine Idee, für die, so LeBron James, „jemand gefeuert werden sollte“.
Neuer Leader
Nun ist LeBron, oder genauer gesagt seine angeschlagene Gesundheit, einer der Hauptgründe dafür, dass es bei den Lakers gerade nicht so optimal läuft. Auch am Montag, beim knappen 93:89-Sieg gegen die Denver Nuggets, dem ersten Erfolg nach drei Pleiten in Folge, war er wieder nicht dabei. Zwar hat das Aushängeschild der NBA noch nicht wegen Covid-19 aussetzen müssen, aber zuletzt fehlte er sechs Wochen wegen eines lädierten Fußgelenks, und weil die Lakers auch länger auf seinen Superstar-Kollegen Anthony Davis verzichten mussten, fuhr der Glamour-Klub aus Kalifornien bei der Mission Titelverteidigung überraschend viele Niederlagen ein.
Immerhin einen positiven Effekt schien das allgemeine Verletzungspech aber gehabt zu haben. Während James und Davis ihre Wehwehchen auskurierten, musste der 27-jährige Dennis Schröder eine ungewohnte Führungsposition einnehmen. Er war plötzlich Chef auf dem Court, eine Rolle, die er zwar in der deutschen Nationalmannschaft, aber noch nie in der NBA hatte ausfüllen müssen – und an der er, wie es sein Cheftrainer Frank Vogel sagt, in den vergangenen Wochen „sehr gewachsen“ ist.
Schröder war immer bekannt für seinen schnellen Antritt, aber nun hatte er das Spiel zu organisieren. Er sei ein wahrer „floor general“, wie es Vogel nach einem besonders starken Auftritt des deutschen Nationalspielers nannte. „Er übernimmt immer mehr die Kontrolle“, so der Coach, „er verteilt gut den Ball, und ein hervorragender Verteidiger ist er ja sowieso.“
Auch von den Kollegen kam zuletzt viel Lob. „Er ist unheimlich wichtig für uns“, sagt Davis, der in seiner Verletzungspause kräftig Rost angesetzt und sichtlich Mühe hat, sein altes Niveau zu erreichen. Umso wichtiger, so Davis, dass Schröder möglichst schnell zurückkommt: „Auch wenn Lebron und ich wieder komplett integriert sind, brauchen wir genau diesen Dennis, der das Spiel liest, die richtigen Entscheidungen trifft, zum Korb zieht, aus der Distanz trifft und schlaue Pässe spielt. Wir brauchen Dennis, wenn wir die Meisterschaft gewinnen wollen.“ Genau darum geht es ja eigentlich auch Schröder.
„Ich mache alles, was nötig ist, um dieses ultimative Ziel zu erreichen“, sagte er noch vergangene Woche, bevor er in der Quarantäne verschwand.
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