: Saddam will Jerusalem befreien
■ In einer Brandrede über das irakische Fernsehen schloß Hussein eine Verhandlungslösung aus/ „Es gibt keine Chance dem Krieg auszuweichen“/ EG-Militärattachés aus Bagdad ausgewiesen
Bagdad/Paris (dpa/ap/adn) — Die irakische Führung bereitet die Bevölkerung des Landes offenbar auf den Krieg vor. Sie hat am Freitag in einer scharfen Erklärung deutlich gemacht, sie werde sich niemals aus Kuwait zurückziehen. Es gebe keine Möglichkeit, einem Krieg auszuweichen, hieß es in einer Erklärung des Revolutions-Kommandorates (RCC). In der Erklärung, die im irakischen Fernsehen verlesen wurde, hieß es: „Es gibt keine einzige Chance für irgendein Ausweichen davor, die Schlacht nach den Prinzipien der Ehre und des festen Glaubens an den Sieg zu führen. [...] Machen wir jedem deutlich, daß diese Schlacht die Mutter aller Schlachten werden wird“, hieß es. „Der nächste Krieg wird ein Kampf um die Befreiung der gesamten Menschheit und der Befreiung Jerusalems sein“.
Staatschef Saddam Hussein hatte bereits kurz zuvor in einem Interview die Bereitschaft erklärt, „über vier oder fünf Jahre“ lang Krieg zu führen. Informationsminister Latif Nassiv el Dschassim hatte am Donnerstag betont, der Irak werde im Kriegsfall alle Ölfelder am Golf zerstören. Bagdad hat außerdem am Freitag — als Antwort auf entsprechende Schritte der USA und der Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft — die Militärattachés Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und Spaniens ausgewiesen.
Unterdessen hat sich Saudi-Arabien gestern ebenfalls zu einem weitreichenden Eskalationsschritt entschlossen und alle Öllieferungen an Jordanien ohne vorherige Warnung eingestellt — offenbar als Vergeltung für die jordanische Haltung in der Golfkrise. Das wurde am Freitag aus Regierungskreisen in Amman bestätigt. Saudi-Arabien hatte im letzten Monat mit der Ölversorgung Jordaniens begonnen, um das Land vom irakischen Öl unabhänig zu machen. Bis zum Ausbruch der Golfkrise hatte Jordanien sein Erdöl zu 90 Prozent aus dem Irak bezogen.
„Wir sind von der saudi-arabischen Maßnahme sehr überrascht“, erklärte ein jordanischer Regierungssprecher. Sie laufe auf ein Embargo gegen Jordanien hinaus.
Erstmals deuteten dagegen die USA auch eine Verhandlungsmöglichkeit an. Bob Kimmit, im US-Außenministerium für politische Angelegenheiten zuständig, sagte im BBC, die USA seien bereit, Gespräche zu unterstützen, in denen der Irak seine Ansprüche gegen Kuwait darstellt. Unabdingbare Voraussetzung sei jedoch immer noch der vollständige Abzug irakischer Streitkräfte aus dem seit dem 2. August besetzten Scheichtum und die Freilassung aller Geiseln. „Nach dem Rückzug können dann die Dinge, die bereits auf dem Tisch waren, wieder auf den Tisch gelegt werden“. Kimmit fügte hinzu, die Kuwaiter hätten sich bereiterklärt, „daß ein Teil der umstrittenen Fragen von neutralen Stellen, wie etwa dem Internationalen Gerichtshof, verhandelt werden könnte“. Hauptstreitpunkte zwischen dem Irak und Kuwait waren vor der Invasion die Förderrechte auf den in Nordkuwait gelegenen Ölfeldern von Rumalia sowie die Kontrolle über zwei von Kuwait kontrollierte Inseln im Golf von Basra.
London erwägt unterdessen, seine Truppen für von der britischen Regierung genehmigte „taktische Operationen“ unter US-Komando zu stellen. Verteidigungsminister King sagte der BBC, seine derzeitigen Gespräche mit seinem amerikanischen Kollegen Richard Cheney dienten dazu, die Truppen der beiden Staaten „in gewisser Weise und auf bestimmten Ebenen zu integrieren.“ Nach den Nato-Staaten will jetzt auch Polen als erstes Land des Warschauer Paktes ein symbolisches Kontingent von Soldaten am Golf stationieren.
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