Sachsen und Thüringen nach der Wahl: Kaum noch Brombeeren zu verteilen
Die Koalitionsgespräche zwischen dem sächsischen BSW und der CDU sind gescheitert. In Thüringen wird nun „Pragmatismus“ gepredigt.
In Sachsen hingegen sind die Verhandlungen mit dem Ausstieg des BSW am vorherigen Mittwoch geplatzt. Aus der Klausur der Landes-CDU drangen am Wochenende nur spärliche Informationen nach außen. Der neu gewählte Generalsekretär Tom Unger unterbreitete der SPD das Angebot, über eine Minderheitsregierung zu sprechen. Deren Spitzenvertreter nahmen das Angebot an.
Der sächsische SPD-Landesvorsitzende Henning Homann sieht in der Konstellation eine Chance. „Eine Minderheitsregierung würde es ermöglichen, dass man im Landtag aus diesen Ritualen zwischen Regierung und Opposition herauskommt und über Inhalte Mehrheiten sucht.“ Nüchterner äußerte sich Ministerpräsident Kretschmer im Handelsblatt. „Regieren ohne Mehrheit sollte die Ausnahme bleiben.“
BSW-Zweierbündnis mit CDU in Sachsen
Am Mittwoch noch hatte sich das BSW auf die Oppositionsrolle festgelegt. Nun zeigt sich die Landesvorsitzende Sabine Zimmermann aber offen für ein Zweierbündnis mit der CDU. Die Minderheitskonstellation lenkt den Blick auf die Grünen und Linken als mögliche Tolerierer oder Unterstützer. Nur gemeinsam könnten beide einem Zweierbündnis zur Mehrheit verhelfen.
Doch bei den Grünen als ehemaligem Kenia-Koalitionspartner sitzen die Verletzungen durch Ministerpräsident Kretschmer im Wahljahr tief. Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert weist ihm die Hauptverantwortung für die aktuelle Situation zu. „Es ist an ihm, nun eine Lösung für diesen Schlamassel zu finden. Ich sehe uns da jetzt nicht in einer proaktiven Rolle“, sagte sie der taz.
Linken-Landesvorsitzender Stefan Hartmann kann einer Minderheitsregierung ähnlich wie die SPD zumindest einen Bruch mit Ritualen abgewinnen. Jedes Vorhaben müsse inhaltlich verhandelt werden. „Wir sind weit davon entfernt, mit der CDU zusammenarbeiten zu wollen, was diese ohnehin ausschließt. Aber wir wissen um unsere Verantwortung.“ Hartmann signalisiert Gesprächsbereitschaft speziell hinsichtlich des dringenden Landeshaushalts. Es dürfe künftig nicht auf die Verfassungsfeinde im Parlament ankommen.
In Thüringen ist man einem Koalitionsvertrag am nächsten, aber auch hier gilt das BSW als Unsicherheitsfaktor. Die Verhandlungen der Arbeitsgruppen sind abgeschlossen, nun müssen die Parteispitzen den Koalitionsvertrag zu Ende verhandeln. Voraussichtlich noch am Dienstag treffen sich die Landesparteichef:innen Katja Wolf (BSW), Georg Maier (SPD) und Mario Voigt (CDU). Dass sie die Verhandlungen noch platzen lassen, gilt als ausgeschlossen.
Thüringer „Pragmatismus“ in der FAZ
Am Sonntag veröffentlichten die drei in großer Einigkeit einen gemeinsamen Gastbeitrag in der FAZ, in dem sie „Pragmatismus statt Ideologie“ für Thüringen forderten. Es geht darin um digitale Rufbusse und Bildung, das Wort Frieden kommt in dem Beitrag nicht einmal vor. Die Bundesparteispitze hatte von Wolf gefordert, das Thema in den Verhandlungen zu stärken. Aus Kreisen der Arbeitsgruppen heißt es, dies sei weniger gelungen.
Bis Ende der Woche sollen die Verhandlungen zwischen den Parteispitzen abgeschlossen und der Koalitionsvertrag vorgestellt werden. Am übernächsten Samstag, dem 23. November, dürfte sich das Schicksal der sogenannten Brombeer-Koalition dann entscheiden. Dann trifft sich das BSW in Thüringen zur Mitgliederversammlung.
Die Berliner Parteispitze hat deshalb vorsorglich am Landesverband vorbei neue Mitglieder aufgenommen, die auf Linie mit Wagenknecht sein sollen. Nach Informationen des MDR und des stern ist der bislang nur 89 Mitglieder schwache Landesverband dadurch innerhalb kurzer Zeit um ein Drittel gewachsen. In der Fraktion wird befürchtet, dass die Mitglieder eine Koalition mehrheitlich ablehnen könnten.
Auch bei Regionalkonferenzen mit Mitgliedern und Unterstützern des BSW sei die Stimmung ablehnend gegenüber einer Koalition. „Ich bin pessimistisch, was die Abstimmung angeht“, heißt es aus Kreisen der Thüringer BSW-Fraktion. Die Arbeit sei dann aber nicht umsonst gewesen. Die Verhandlungen könnten auch eine Grundlage für eine Tolerierung oder andere Formen der Zusammenarbeit im Landtag sein.
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