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Sabine Rückert in der ChefredaktionDie „Zeit“-Spitze wird weiblicher

Sie leitete das „Zeit“-„Dossier“ und schrieb viel beachtete Gerichtsreportagen. Jetzt wird Sabine Rückert stellvertretende Chefredakteurin der Wochenzeitung.

Sabine Rückert wird stellvertretende Chefredakteurin der Wochenzeitung „Zeit“. Bild: imago/Horst Galuschka

Die gute alte Tante Zeit wird noch weiblicher. Wie Tina Hildebrandt im Hauptstadtbüro und Iris Radisch im Feuilleton wird Sabine Rückert in der Chefredaktion der Wochenzeitung künftig mehr Verantwortung übernehmen – der werden neben dem Chefredakteur Giovanni di Lorenzo weiterhin die beiden Stellvertreter Bernd Ulrich und Moritz Müller-Wirth angehören.

Die 1961 in München geborene Rückert hat zunächst Kommunikationswissenschaft, Theologie und Werbepsychologie studiert, bevor sie ab 1988 die Springer-Journalistenschule absolvierte. Im Anschluss arbeitete sie zunächst bei der Bild, danach kurz als Nachrichtenredakteurin der taz, bevor sie 1992 zur Zeit wechselte. Dort betreute und schrieb sie Texte für das Ressort „Dossier“, wo sie sich zu einer Expertin für besonders lange Texte mit analytischer Tiefenschärfe entwickelte.

2000 veröffentlichte Rückert mit „Tote haben keine Lobby“ ein sehr erfolgreiches und später sogar verfilmtes Sachbuch über Tötungsdelikte, die nicht als solche erkannt wurden – und empfahl sich damit redaktionsintern als Gerichts- und Kriminalreporterin.

Für ihre Arbeit wurde sie mit fast allen renommierten Journalistenpreisen ausgezeichnet, der Egon-Erwin-Kisch-Preis wurde ihr sogar zweimal verliehen. Die aktive Aufdeckung eines Justizirrtums 2007, veröffentlicht in dem Buch „Unrecht im Namen des Volkes“, untermauerte noch ihren Ruf als eine der Großen ihres Fachs.

Heikle Rolle in Berichterstattung zum Kachelmann-Prozess

Dabei legte sie allerdings manchmal ein Engagement an den Tag, das jede journalistische Distanz vermissen ließ. Im Prozess gegen Jörg Kachelmann etwa wirkte sie nicht nur als publizistische Gegenspielerin von Alice Schwarzer, sondern riet dem damaligen Verteidiger sogar schriftlich, „einen Kollegen einzubinden, der Verfahren dieser Art gewachsen ist“. Es kam Johann Schwenn, mit dem Rückert schon einmal ein „Unrecht im Namen des Volkes“ aufgedeckt hatte und der den Prozess zugunsten des Angeklagten entscheiden konnte.

Die Berufung von Sabine Rückert ist auch das Ergebnis der Zeit-Hauspolitik, eine Frauenquote von 30 Prozent auf allen hierarchischen Ebenen zu verwirklichen.

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5 Kommentare

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  • S
    Sigmund

    Find ich gut.

    Jetzt noch den Joffe rausschmeißen - dann wird die Zeit vielleicht wieder einigermassen kaufbar.

     

    Allerdings ist der Titel des Artikels doof:

    Es geht nicht um mehr Weiblichkeit -

    sondern und mehr Qualitätslichkeit. :-)

  • K
    Kai

    "Dabei legte sie allerdings manchmal ein Engagement an den Tag, das jede journalistische Distanz vermissen ließ. Im Prozess gegen Jörg Kachelmann etwa wirkte sie nicht nur als publizistische Gegenspielerin von Alice Schwarzer, sondern riet dem damaligen Verteidiger sogar schriftlich, „einen Kollegen einzubinden, der Verfahren dieser Art gewachsen ist“"

     

    Nun ja, Rückert berichtete ehe Alice S. dies tat. Es hat auch nichts mit journalistischer Distanz zu tun, wenn ein Journalist jemandem über den er berichtet etwas rät.. Distanz liess einzig und allein Frau Alice S. vermissen, die absolut einseitig berichtet hat, die Claudia D. ein Buch zum korrektur lesen geben wollte, die Frau Dinkel gebeten hat einen Medienanwalt hinzu zu ziehen um auf die Presse einfluss zu nehmen, und die bis heute Unschuldsvermutung als Unwort des Jahres haben möchte, die ausserdem, im Gegensatz zu Frau Rückert, keine Ahnung hat von dem was sie schreibt...

     

    "Die Berufung von Sabine Rückert ist auch das Ergebnis der Zeit-Hauspolitik, eine Frauenquote von 30 Prozent auf allen hierarchischen Ebenen zu verwirklichen."

     

    Womit dann leider aus der fähigen Frau Rückert eine Quotenfrau wird, schade das die TAZ sowas noch extra erwähnen muss.

  • G
    gesche
  • L
    Lucy

    Nachdem Frau Rückert Kontakt zu Kachelmann aufgenommen und ihm den Wechsel des Anwalts empfohlen hatte, hätte sie die Berichterstattung über den Prozess abgeben müssen.

     

    Stattdessen schrieb sie weiter "pro Kachelmann" für die ZEIT, aber ohne den LeserInnen ihre privaten Kontakte zu Kachelmann offenzulegen, sie gab vor, objektiv über den Prozess zu berichten.

     

    Wie kann es sein, dass jemand, der sich so unprofessionell verhält, in die Chefetage befördert wird?

  • WB
    Wolfgang Banse

    Auch Frauen können schreiben

    Auch Frauen können schreiben,Gräfin Marion Dönhoff hat dies als Chefredakteurin bewiesen.Warum soll nicht in der renomierten Wochenzeitung die Zeit es nicht eine stellvertretende Chefredakteurin geben?

    Wünschenswert wäre dies auch für den Tagesspiegel.Die Taz steht ebenfalls einer Frau vor.Gleichberechtigung wird praltiziert und ausgebaut.

    Wann wird es die erste beziehungsweise den ersten behinderte/behinderten Chefredakteurin/Chefredakteur geben.Die Zeit hierfür ist reif.