Saarlands Linke kürt Spitzenkandidaten: Lafontaine will sich selbst beerben

Der Linke-Parteichef ist nun auch offiziell Spitzenkandidat für die Saar-Landtagswahl. Die euphorischen Delegierten träumen schon vom Amt des Ministerpräsidenten.

War vor 10 Jahren schonmal Ministerpräsident des Saarlandes: Oskar Lafontaine. Bild: dpa

NEUNKIRCHEN taz Auf dem Landesparteitag der saarländischen Linken am Sonnabend wählten 122 von 132 anwesenden Delegierten (92,4 Prozent) den Bundesparteichef der Linken, Oskar Lafontaine, zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl an der Saar im nächsten Jahr. Eigentlich ein Desaster für den 65 Jahre alten kleinen Mann aus Wallerfangen - gemessen an den "Wahlerfolgen" des gleich in der Nachbarschaft der Tagungshalle 1912 geborenen ehemaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR, Erich Honecker.

Doch mit dessen Einheitspartei hat die Linke an der Saar heute wohl nichts mehr am Hut, wie das Auditorium auf Wunsch von Lafontaine eindrucksvoll demonstrierte. "Wer in der SED war, möge bitte aufstehen", rief Lafontaine seinen Genossen süffisant zu. Alle blieben natürlich sitzen. Danach forderte er alle Kritiker seiner Partei auf, endlich damit aufzuhören, die Linke auch in Westdeutschland als "Nachfolgeorganisation der SED" zu bezeichnen. Die Linke sei keine rückwärtsgewandte Partei, sondern "die treibende Kraft in Deutschland".

Die wiederum treibe die SPD vor sich her, rühmte der Linksparteichef an der Saar, Rolf Linsler. Aus Angst vor der Linken würden die "Sozis" heute schon die Agenda 2010 schleifen. Als Beispiele nannte der frühere saarländische Gewerkschaftsboss und langjährige Sozialdemokrat die Debatten um den Mindestlohn und die Rückkehr zur alten Pendlerpauschale.

Lafontaine bot der SPD im Saarland schon einmal Koalitionsverhandlungen zur Ablösung der Regierung Peter Müller (CDU) nach der Wahl im Herbst 2009 an. Zuvor allerdings müsse die SPD definitiv erklären, "dass sie mit Müller keine Gespräche über die Bildung einer großen Koalition führt".

Den Schulterschluss mit der Linken hatte zuvor bereits der saarländische DGB-Chef und stellvertretende Landesvorsitzende der SPD, Eugen Roth, geprobt. Er attestierte der neuen Partei "stramme linke Überzeugungen" ganz im Sinne der Gewerkschaften und forderte seine Genossen auf, gemeinsam mit der Linken gegen Neoliberalismus und Konservativismus zu kämpfen. Nur so könne die Politikwende gelingen. "Wer in der SPD gegen die Linke vorgeht, muss auf dem rechten Auge blind sein", urteilte Gastredner Roth unter dem Beifall der Delegierten über seine Parteifreunde "gerade in Berlin".

Heiko Maas wird das gar nicht gefallen haben. Der Landespartei- und Landtagsfraktionschef der SPD lehnt eine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit Lafontaine nach wie vor strikt ab und will auf keinen Fall Vize unter dem "Showmaster Lafontaine" (Maas) werden. Ebenso wenig wird sich der SPD-Chef über die herzliche Umarmung seines Vizes Roth und dessen Ex-Parteifreunds und Gewerkschaftskollegen Linsler freuen. Der 65 Jahre alte Linken-Chef konnte ein Jahr nach Gründung der Linken Saar eine Erfolgsbilanz vorlegen: Mehr als 2.500 Saarländer - viele davon ehemalige Sozialdemokraten und auch Grüne - sind inzwischen Mitglieder der Linken. Selbst eine Kreisgeschäftsführerin der CDU konvertierte zur Linken. Auch in allen Landkreisen und in 41 Städten und Gemeinden des Landes ist die Partei inzwischen präsent.

Linsler orakelte, dass die Linke im Saarland bis zum Jahresende die "Schallmauer" von 3.000 Mitgliedern durchbrechen und bei den Landtagswahlen im Herbst 2009 vor der SPD einlaufen werde. "25 Prozent plus X" lautet jetzt die Parole. Dann werde Oskar Lafontaine wieder Ministerpräsident an der Saar, "weil er es damals besser gemacht hat und immer noch besser kann".

Lafontaine selbst denkt schon weiter: Einen "Richtungswechsel in ganz Deutschland" werde sein Wahltriumph an der Saar provozieren. Als Ministerpräsident wolle er dann über den Bundesrat mit dafür sorgen, dass die "Entstaatlichung der Republik" und "die ganzen Reformen, die nur ein einziger Schwindel waren", wieder rückgängig gemacht werden. Die SPD werde mitmachen müssen. Persönliche Be- und Empfindlichkeiten spielten dann keine Rolle mehr. Das seien nach der Wahl nur noch "kleine, quersteckende Fürze".

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