Saar-FDP von rechts unterwandert: "Umrubbeln zur Haider-FPÖ"
Der Chef des FDP-Kreisverbands Saarpfalz, Stefan Krämer, kommt immer mehr unter Druck. Wegen seiner Kontakte zur rechten Szene fordern Jungliberale einen Sonderparteitag.
SAARBRÜCKEN taz | Der umstrittene Vorsitzende der FDP im Saarpfalzkreis, Stefan Krämer, will sich einem Vertrauensvotum des Kreisvorstandes stellen. Dem freien Unternehmensberater, der zugleich Kirchenbeauftragter seiner Partei ist, wird vorgeworfen, mit dem Landeschef der NPD Saar, Frank Franz, in privater Runde Monopoly gespielt zu haben.
Zudem hatte die Staatsanwaltschaft Saarbrücken gegen Krämer wegen des Verdachts auf falsche Titelführung ermittelt. Dieses Verfahren wurde inzwischen zwar eingestellt, doch wie die Saarbrücker Zeitung berichtet, flog Krämer schon im Oktober 2010 aus dem Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte raus, weil er "falsche Angaben" über seinen beruflichen Status gemacht habe.
Krämer soll wider besseres Wissen behauptet haben, über ein Universitätsdiplom als Informatiker zu verfügen. Zudem habe er "fälschlicherweise" den Doktortitel geführt. Krämer klagte und gewann in erster Instanz. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Dass sich Krämer jetzt dem Vertrauensvotum des Kreisvorstandes stellen will, genügt etwa den Jungen Liberalen (Julis) nicht. Die Sache tangiere die ganze Partei und schade ihrem Ruf. Krämer habe die Vertrauensfrage deshalb auf einem Sonderparteitag des KV Saarpfalz zu stellen, heißt es in einer Erklärung der Julis Saar. Sie fordern zudem die "Verankerung des Wohnortprinzips" in der Satzung. Aktuell seien nämlich "überproportional viele nicht im Landkreis wohnende Mitglieder" in Ortsvereinen des Kreises aktiv.
Hessen wohnen plötzlich an der Saar
Tatsächlich wohnen Mitglieder der FDP aus Hessen mit Kontakten zu Rechtsradikalen, darunter ein ehemaliger Christdemokrat, jetzt plötzlich im Saarland. Von "Unterwanderung" ist bereits die Rede. Und davon, dass die FDP-Saar "zu einer Art Haider-FPÖ umgerubbelt" werden solle.
Den Kreisverband Saarpfalz gleich ganz verlassen will dagegen der Landtagsfraktionschef der FDP Saar, Christian Schmitt, der die FDP/NPD-Monopolyspielrunde hatte auffliegen lassen: Schmitt, der kreisgrenznah in Mandelbachtal wohnt, reichte beim KV Saarbrücken einen Aufnahmeantrag ein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland