SPDler Axel Schäfer über Rot-Rot-Grün: „Man darf nichts ausschließen“
Die Gespräche zwischen SPD, Linkspartei und Grünen gehen weiter, sagt Axel Schäfer, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion.
taz: Herr Schäfer, Sie galten bisher als Befürworter einer rot-rot-grünen Koalition. Sind Sie das immer noch?
Axel Schäfer: Ja.
Trotz der offenkundig wachsenden Zweifel, eine solche Orientierung könnte Ihrer Partei im Bundestagswahlkampf schaden?
Das ist ja immer eine Wellenbewegung, eine Frage von aktuellen Stimmungen. Ich bin jetzt seit 48 Jahren in der SPD aktiv. Da erlaube ich mir, auch an längerfristige Orientierungen zu denken.
Das heißt, dass auch Sie Rot-Rot-Grün für die anstehende Bundestagswahl schon abgeschrieben haben?
Das heißt es nicht. Fest steht: Wir führen keinen Koalitions- oder Lagerwahlkampf, sondern einen Wahlkampf für eine starke SPD. Darin sind wir uns in der Partei alle einig. Wenn die Wähler und Wählerinnen am 24. September entschieden haben, werden wir sehen, was möglich ist. Außer einer Zusammenarbeit mit der AfD schließen wir nichts aus. Das ist die Grundhaltung seit unserem Parteitagsbeschluss von 2013. Alle demokratischen Parteien sind miteinander koalitionsfähig. Ob sie auch koalitionswillig sind, wird man sehen, wenn es so weit ist.
64, ist Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion. Er ist für EU-Angelegenheiten und wirtschaftliche Entwicklung zuständig.
Halten Sie die Linkspartei denn für koalitionswillig?
In einer Reihe von Feldern halte ich die Linkspartei für durchaus anschlussfähig an unsere Positionen. Auf Landesebene funktioniert die Kooperation mit ihr zumeist ordentlich. Die spannende Frage ist, wie weit ihre Kompromissfähigkeit und Kompromisswilligkeit auf Bundesebene reicht. Als positiv denkender Mensch glaube ich, dass bei einer großen Mehrheit die Bereitschaft da ist. Es gibt allerdings welche, die wollen lieber Opposition auf Ewigkeit. Für die ist die SPD der Hauptfeind. Von denen dürfen es nicht zu viele sein, sonst geht’s halt nicht. Aber das werden wir sehen. Man darf vorher nichts ausschließen.
Das heißt, dass Sie weiter die Gesprächsrunden zwischen SPD, Grünen und Linkspartei organisieren? Ihr Fraktionskollege Karl Lauterbach hat dafür plädiert, sie erst einmal einzustellen.
Das hat er nicht zu entscheiden. Heute geht die Einladung für das nächste Treffen am 25. April raus. Sicher werden wieder rund einhundert Abgeordnete aus allen drei Fraktionen teilnehmen. Was ich mit Fritjof Schmidt von den Grünen, Thomas Nord von der Linkspartei und anderen im Juni letzten Jahres initiiert habe, ist ein kontinuierlicher Meinungsaustausch. Es geht darum, Erfahrungen zu sammeln, sich kennenzulernen und einen Erkenntnisfortschritt zu erreichen. Es geht nicht um voreilige Koalitionsaussagen.
Die gesellschaftliche Stimmung scheint auch nicht gerade in Richtung Rot-Rot-Grün zu gehen.
Das ist so. Man sollte sich da die Welt nicht schöner reden, als sie ist.
Was folgt daraus?
Zunächst eine nüchterne Analyse. Es gibt diesen interessanten Dualismus: Einerseits fordern die Menschen eine klare Unterscheidbarkeit zwischen den Parteien, andererseits wollen sie möglichst viel Harmonie. Das führt zu der kuriosen Situation, dass die Mehrheit der Bürger und Bürgerinnen fast immer eine Große Koalition sympathischer findet als eine andere Konstellation. Das war übrigens auch 1969 und 1998 nicht anders. Trotzdem haben wir die wichtigen gesellschaftlichen Veränderungen damals nur mit kleinen Koalitionen hinbekommen. Die Ergebnisse sowohl der sozialliberalen Koalition mit Willy Brandt als auch von Rot-Grün mit Gerhard Schröder lassen sich auch heute noch vorzeigen. Daran sollte man sich erinnern, wenn man über Rot-Rot-Grün nachdenkt.
Sowohl der SPD-Vorsitzende Martin Schulz als auch sein Vorgänger Sigmar Gabriel sollen laut Spiegel intern klargemacht haben, dass eine Ampelkoalition das von ihnen präferierte Bündnis sei. Was halten Sie davon?
In der SPD gibt es welche, die eher eine Vorliebe für eine Ampel haben, andere für Rot-Rot-Grün und eine dritte Gruppe für die Große Koalition. Das ist das Spiegelbild einer Volkspartei. Dreh- und Angelpunkt ist: Ein Politikwechsel geht natürlich nur mit einem SPD-Kanzler. Wenn die Lage nach der Bundestagswahl verschiedene Optionen offen lässt, werden wir schauen, mit wem wir unsere eigenen Vorstellungen am besten realisieren können. Die Sachfragen werden ausschlaggebend sein, nicht irgendwelche Farbenspiele.
Können Sie sich denn vorstellen, dass mehr soziale Gerechtigkeit mit der Union oder der FDP zu verwirklichen ist?
Klare Antwort: Nein.
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