SPD vor Landesparteitag: Müller warnt vor Volksbegehren
Der Regierungschef lobt seine SPD als einzigen Regierungspartner, der für Interessenausgleich stehe, und sieht Annäherung mit der Deutsche Wohnen.
Regierungschef Michael Müller, zugleich SPD-Landeschef, sieht in der rot-rot-grünen Koalition allein seine Partei an einem Kompromiss beim Thema Wohnen interessiert. „Wenigstens eine Regierungspartei muss auch für einen Interessenausgleich stehen“, sagte Müller am Dienstag, als er Journalisten von einem Gespräch mit dem Chef des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen, Michael Zahn, berichtete.
Dieses Treffen sei „ein konstruktiver Auftakt zu weiteren Gesprächen“ gewesen. Mit Blick auf das Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ und den SPD-Landesparteitag am Samstag, wo vor allem die Jusos Enteignungen befürworten, warnte Müller vor „irgendwelchen Schnellschüssen“.
Beim Parteitag fordert die SPD-Nachwuchsorganisation in Antrag 70/I/2019 der umfangreichen Tagesordnung ein „Bekenntnis der Sozialdemokratie zur Enteignung unter angemessener Entschädigung als möglichen Eingriff in den Wohnungsmarkt“ und Unterstützung für die Volksbegehren-Initiative. Die strebt die Enteignung großer Unternehmen an, die in Berlin mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, und will eine Woche nach dem SPD-Parteitag damit beginnen, Unterstützerunterschriften zu sammeln.
Müller hingegen machte schon im Februar klar, dass er das Volksbegehren und Enteignung ablehnt. „Das ist nicht mein Weg und nicht meine Politik. Diskussionen wie diese helfen den Mieterinnen und Mietern jetzt überhaupt nicht“, sagte Müller in einem FAZ-Interview.
Die Deutsche Wohnen, Berlins größter privater Vermieter, hat am Dienstag seinen Geschäftsbericht 2018 vorgestellt. Demnach stieg der Gewinn aus dem operativen Geschäft um 11 Prozent auf 480 Millionen Euro – für das laufende Jahr sind 535 Millionen angepeilt. Seinen Aktionären versprach das börsennotierte Unternehmen eine Rendite von 87 Cent pro Aktie, 7 Cent mehr als im Vorjahr. Anteil am guten Ergebnis hat vor allem das aus Unternehmersicht prosperierende Vermietungsgeschäft. In den Berliner Wohnungen, die schon mindestens 12 Monate im Bestand der Deutsche Wohnen waren, erhöhte sie die Mieten um 3,6 Prozent auf durchschnittlich 6,70 Euro pro Quadratmeter. ()
Dass die SPD ihm offensichtlich nicht geschlossen auf seinem Weg folgt, ist für ihn kein Zeichen für fehlenden Rückhalt. Es zeige vielmehr, „dass die SPD eine muntere Partei ist, die sehr sensibel die Stimmung in der Stadt aufnimmt“, sagte er am Dienstag. Aus Müllers Sicht ist die SPD „überhaupt nicht unter irgendwelchem Zeitdruck“, sich festzulegen.
In seinem Gespräch mit Deutsche-Wohnen-Chef Zahn sah Müller Bewegung bei dem viel kritisierten Wohnungsunternehmen: „Beide Seiten haben Interesse, weiter miteinander zu sprechen und zu Ergebnissen zu kommen.“ Der Regierungschef drängt grundsätzlich auf Kooperation mit privaten Unternehmen, die auch eine gesellschaftliche Verantwortung hätten: Allein mit den landeseigenen Gesellschaften schaffe man nicht die angestrebte Zahl neuer Wohnungen.
Damit liegt Müller auf einer Linie mit Unternehmenschef Zahn, nach dessen Worten die Deutsche Wohnen 5 Prozent ihrer Neuvermietungen für soziale Zwecke reserviert. „Ohne Private wird der Neubau nicht funktionieren“, äußerte sich Zahn am Dienstag, „wir brauchen kommunales Eigentum, wir brauchen Genossenschaften. Und wir brauchen private Investoren.“ Dieses Zusammenspiel habe sich bewährt und sei heute gefragter denn je. Der Sprecher des Enteignungs-Volksbegehrens hingegen, Rouzbeh Taheri, sagte in einem am selben Tag veröffentlichten Streitgespräch beim Tagesspiegel: „Investoren wie die Deutsche Wohnen möchte ich gerne vergrätzen.“
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