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SPD stoppt Gewoba-Verkauf

■ SPD-Fraktion verweigerte Zustimmung zu Senatsbeschluß über Privatisierung der Gewoba

„Da liegen die Anträge der Ressorts Bildung, Bau, Umwelt und Gesundheit für den Stadtreparaturfond beim Finanzsenator auf einem Stapel, und es passiert nichts, weil kein Geld in dem Topf ist“, beschreibt der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Weber die verzweifelte Lage. Da hatte er eine Idee: Der Verkauf der Gewoba-Anteile an die landeseigene Hibeg sollte schon im Mai mit einem Parlamentsbeschluß über die rechtliche Bühne gehen, um alles zu beschleunigen.

Gestern scheiterte das Eil-Vorhaben an dem Einspruch aus seiner eigenen SPD-Fraktion: „Es hätte keine Mehrheit dafür gegeben“, erklärte der Ex-Bürgermeister Klaus Wedemeier. Das Gewoba-Thema kam nicht auf die Tagesordnung – und war damit Thema Nummer eins in der Lobby der Bürgerschaft.

„Katastrophal“sei dieser Regierungsstil von Henning Scherf, „so geht das nicht“, schimpfte CDU-Fraktionsvorsitzender Ronald-Mike Neumeyer. „Eine verfas-sungsrechtliche Zumutung“, kritisierten die Oppositionsparteien Grüne und AfB gleichzeitig das, was der Senat da einstimmig beschlossen hatte: Die 24 Prozent Gewoba-Anteile, so steht in dem Senatsbeschluß, den die Bürgerschaft hätte absegnen sollen, sollten „unwiderruflich“der Hibeg zum Weiterverkauf übergeben werden. Während der Koalitionsvertrag noch eindeutig vorsieht, daß „vorrangig“an Mieter verkauft werden soll, werden die Aktien nach der neuen Beschlußlage des Senats an der Börse angeboten und nur noch „ggfs“den Mietern vorab „angedient“. Das würde im Ermessen der Hibeg stehen, die vor allem einen „möglichst hohen Ertrag“erzielen soll. Und wenn die Gewoba letztlich doch nicht an die Börse geht, dann soll die Hibeg ohne Befassung des Parlaments 1999 die Anteile frei an Investoren verkaufen können.

„Hier werden die Rechte des Parlaments ausgehebelt“, sagt nicht nur die Opposition, sondern auch Ex-Bürgermeister Wedemeier. In der Fraktionssitzung mittags sei eine anwesende Senatorin – Bürgermeister Scherf war nicht da – gefragt worden, was sich die SPD-Bank bei ihrer Zustimmung gedacht habe. „Es hat keine Antwort gegeben“, stellt Wedemeier diplomatisch fest.

Die Senatsvorlage ist in verschiedenen Punkten so unklar, daß es nun offizielle „Erläuterungen“geben soll, was mit den Sätzen gemeint ist. Insbesondere hatte der Senat den Verkauf auch der Anteile der Stadt Bremerhaven an der Gewoba beschlossen.„Der zuständige Stadtkämmerer jedenfalls wußte bis heute von nichts“, stellten die Grünen bei einem Anruf in Bremerhaven fest. Auch daß die Aktien den Mietern nur „ggfs.“angeboten werden sollen, „das wird revidiert werden“, versprach SPD-Fraktionschef Weber. Und daß Wörtchen „unwiderruflich“in dem Beschluß sei „Blödsinn“.

Weber will die SPD-Fraktion bis Donnerstag durch „erläuternde Ergänzungen“zur Zustimmung überzeugen. Das dürfte schwer werden. Denn der Senat hat gestern vormittag seine Fassung des Gewoba-Beschlusses noch einmal einstimmig bekräftigt. Alle inhaltlichen Punkte, die in der SPD-Fraktion für Aufregung sorgten, kommen gleichzeitig den Zielen und Interessen der CDU weit entgegen. „Der Koalitionsvertrag hat sich weiterentwickelt“, erklärte CDU-Fraktionschef Neumeyer dazu schlicht. Und er warf die Frage auf, „ob die SPD-Fraktion ihren eigenen Bürgermeister desavouieren will“? K.W.

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