SPD nach Rücktritt in Brandenburg: Lange weg, Woidke angeschlagen
Die Brandenburger SPD muss nach dem Rücktritt von Innenministerin Katrin Lange gleich mehrere Probleme lösen. Hat Dietmar Woidke noch das letzte Wort?
Lange hatte am Freitagabend nicht nur ihren Rücktritt bekannt gegeben. Die 53-jährige Prignitzerin hatte auch angekündigt, beim Landesparteitag am 21. Juni nicht mehr als stellvertretende Landesvorsitzende kandidieren zu wollen. Sollte Dietmar Woidke vorgehabt haben, nach dem Vorbild von Stephan Weil in Niedersachsen zur Hälfte der Legislatur den Staffelstab an seine Wunschnachfolgerin zu übergeben, heißt es nun: zurück auf Start! Womöglich sogar ohne Woidke als alleinigen Entscheider.
In der Begründung für ihren Rücktritt hatte die zum rechten Parteiflügel zählende Lange heftig an ihre Genossinnen und Genossen ausgeteilt. Sie sprach von Diffamierungen und Unterstellungen ihr gegenüber. „In der Partei wird mit gezielter Desinformation gegen mich intrigiert“, kritisierte Lange. „Einen solchen Umgang von denjenigen, die sonst ständig von Respekt, Toleranz und Wertschätzung reden, bin ich nicht länger bereit zu akzeptieren.“
Lange war unter Druck geraten, nachdem sie am 6. Mai überraschend den Leiter des Brandenburger Verfassungsschutzes, Jörg Müller, entlassen hatte. Zuvor hatte Müllers Amt – das eine Abteilung des Innenministeriums ist – die AfD vom rechtsextremistischen Verdachtsfall auf „gesichert rechtsextremistisch“ hochgestuft.
In ihrer Rücktrittsrede wiederholte Lange den Vorwurf, sie habe sich von Müller „hintergangen“ gefühlt. Mehrfach hatte sie zuvor betont, zu spät über die Höherstufung unterrichtet worden zu sein. An dieser Darstellung gab es zuletzt aber erhebliche Zweifel. Damit stand der Vorwurf im Raum, Lange habe die Unwahrheit gesagt. Vor ihrem Rücktritt hatten bereits die Brandenburger Jusos gefordert, sie solle ihr Amt zur Verfügung stellen.
Lange kannte den Vermerk nicht
Lange selbst betonte am Freitag dazu nur, dass sie bedaure, mit ihrer Entscheidung die Fraktion vor den Kopf gestoßen zu haben. Inhaltlich habe sie sich nichts vorzuwerfen. Allerdings hatte sie schon zuvor eingeräumt, einen Vermerk ihres Vorgängers, Michael Stübgen (CDU), nicht gekannt zu haben. Stübgen hatte dem Verfassungsschutz das Recht zugebilligt, eigenständig zu entscheiden, ob eine Partei wie die AfD als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird.
Eine solche fachliche – und nicht politische – Entscheidung respektierte Lange dagegen nicht. Sie hatte zusammen mit der Entlassung Müllers die Zuständigkeit wieder an sich gezogen – ohne allerdings die Höherstufung rückgängig zu machen.
Brandenburgs CDU-Landes- und Fraktionsschef Jan Redmann stellte sich inzwischen hinter Müllers Entscheidung. Im RBB sagte er: „Bei der AfD, gerade beim Landesverband Brandenburg, kann man keinen Zweifel haben: Dieser Landesverband ist durch und durch rechtsextremistisch.“ Grüne und Linke haben zudem gefordert, Müllers Entlassung rückgängig zu machen.
In der märkischen SPD kursieren nun einige Namen, die für eine Nachfolge Langes infrage kommen könnten. Darunter sind auch Abgeordnete, die dem bisherigen Kurs von Lange und Woidke kritisch gegenüberstehen.
Auch auf ein neues Personaltableau für den Landesvorstand muss sich die brandenburgische SPD jetzt einigen: Mit Lange ist einer von zwei Stellvertreterposten vakant geworden. Gut möglich, dass es beim Landesparteitag am 21. Juni auch Kampfkandidaturen gibt.
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