piwik no script img

SPD holt Personal von VattenfallEin Strahlemann an die Saar

Die SPD will nach einem Wahlsieg im Saarland einen Atomlobbyisten von Vattenfall zum Minister machen. Die CDU freut sich diebisch über die "unerwartete Steilvorlage".

Auf Rot steht nicht nur die Ampel vor dem Atomkraftwerk in Brunsbüttel, sondern auch die Zukunft der Saar-SPD, wenn sie an Knauber festhalten will. Bild: ap

SAARBRÜCKEN taz | "Vatten Störfall für die SPD an der Saar", kalauerte der Chef der CDU-Fraktion im Saarländischen Landtag, Jürgen Schreier, vergangene Woche beim Mittagessen mit Journalisten. Gut sechs Wochen vor den Landtagswahlen bedankte er sich im Saarbrücker Nobelhotel Victors artig - ironisch - bei Heiko Maas, dem Landeschef der Saar-SPD, für "diese unerwartete Steilvorlage".

Der Grund: Maas hatte sich ausgerechnet den Leiter des Konzernbereichs Politik und Gesellschaft des schwedischen Energiegiganten Vattenfall, Rainer Knauber (41), als Schattenminister für Wirtschaft in sein "Kompetenzteam" geholt.

Nach dem Knall in dem von Vattenfall betriebenen Atomkraftwerk Krümmel und dem anschließenden Informations-GAU stehen der Lobbyist Knauber und die SPD unter massivem Beschuss - nicht nur von der Union. Auch Linke, Grüne und FDP fordern Maas und seine Sozialdemokraten "dringlich" auf, sich umgehend von seinem Wirtschaftsminister in spe zu trennen.

Knauber werbe schließlich "offensiv für die Atomkraft", so Unionist Schreier süffisant. Wie könne ein solcher Mann glaubhaft einerseits die Interessen der Atomausstiegspartei SPD vertreten, andererseits das Atomkraftwerk Cattenom gleich nebenan im französischen Departement Moselle verteidigen, fragt Schreier. "Die SPD schießt sich ein peinliches Eigentor, wenn sie mit dem Thema Vattenfall Wahlkampf treiben will", konstatiert FDP-Generalsekretär Dirk Niebel.

Auch der mögliche Koalitionspartner der SPD, die Linke, will von Knauber nichts wissen. Von der SPD werde jetzt der "Bock zum Gärtner gemacht", höhnt der Linken-Bundestagsabgeordnete, Hans-Kurt Hill, der sich um ein Landtagsmandat bemüht. Mit Knauber jedenfalls sei die SPD in Sachen Atomausstieg für die Linke "kein glaubwürdiger Partner mehr". Die Grüne Jugend forderte die SPD schon vor einiger Zeit auf, Knauber aus dem "Kompetenzteam" zu streichen.

Mit dem AKW Krümmel war Knauber nach einem Störfall im Jahre 2007 zwar nicht mehr direkt befasst. Atomlobbyist bleibt er dennoch: Vattenfall betreibt in Deutschland auch das gleichfalls störanfällige AKW Brunsbüttel. Greenpeace listet Knauber in seinem Schwarzbuch als "Klimaschutzverhinderer" auf.

Doch all das ficht die SPD nicht an. Sie hält an ihrem Schattenmann fest. Knauber sei ein "ausgewiesener Wirtschaftsfachmann", sagte Parteisprecher Thorsten Bischoff. Vattenfall betreibe vor allem umweltfreundliche Wasserkraftwerke, so Bischoff weiter. Und das passe genau ins Konzept der SPD.

Der Union warf Bischoff "billige Polemik" vor. Schreier wolle mit der "Scheindebatte um Knauber" nach dem Störfall im AKW Krümmel nur von ihrer "Laufzeitverlängerungspolitik" ablenken. Knauber selbst sieht auch "keinen Interessenskonflikt", wie er dem Handelsblatt mitteilte. Er stehe zum Ausstiegsvertrag.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

8 Kommentare

 / 
  • P
    Platon

    Ist das nicht eines von vielen Beweisen dafür, dass Politiker keinerlei Selbstachtung besitzen und auch nicht davor zurückscheuen unterm tiefsten Neveau in den Allerwertesten anderer bis zum Anschlag zu kriechen und sich selbst vergewaltigen lassen, in dem innigen Wunsch ein winziges bisschen mehr an Macht zu erlangen?

    Komplette Selbstaufgabe um in den fragwürdigen Genuß von materiellem Reichtum zu gelangen.

     

    Solche irregeleiteten Menschen hat es ja schon immer gegeben. Dass es sich hierbei jedoch um Menschen handelt, die vom Volke gewählt wurden sollte uns doch zu denken geben. Oder sind wir bereits alle dem Wahn der zerstörerischen Macht der nicht enden wollenden Gier verfallen?

  • V
    vic

    Gehirnverstrahlte SPD im Saarland.

     

    "Vattenfall betreibe vor allem umweltfreundliche Wasserkraftwerke", sagt einer allen Ernstes.

    Wieso also sollte man nicht gleich das Original CDU/FDP wählen?

    Vattenfall-Lobbyist als Wirtschaftsminister, als Regierungsmitglied, unglaublich.

     

    Ich geh zu Wahl, erstelle eine neue Zeile und kreuze Hugo Chávez an.

  • S
    Sakralpunker

    Da kann man wieder einmal besichtigen wie ernst es den Sozen mit dem Atomausstieg ist.

  • B
    Bodo

    Die SPD disqualifiziert sich wieder.

    Atomausstieg als Wahlkampfthema hier und dann einen Kraftwerk-Lobbyisten dort.

     

    Kann man diese Partei noch ernst nehmen?

     

    Es würgt mich, wenn ich daran denke, wie negativ sich die Arbeit der Industrie-Lobbyisten, die teils selbst in der Politik mitmischen, und nicht nur die unswissenden alten Herren und Damen beraten, auf unsere Luft und Umwelt auswirkt.

     

    Der Lobbyismus...

    http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2752532,scheduleId=2724076.html

  • P
    Platon

    Ist das nicht eines von vielen Beweisen dafür, dass Politiker keinerlei Selbstachtung besitzen und auch nicht davor zurückscheuen unterm tiefsten Neveau in den Allerwertesten anderer bis zum Anschlag zu kriechen und sich selbst vergewaltigen lassen, in dem innigen Wunsch ein winziges bisschen mehr an Macht zu erlangen?

    Komplette Selbstaufgabe um in den fragwürdigen Genuß von materiellem Reichtum zu gelangen.

     

    Solche irregeleiteten Menschen hat es ja schon immer gegeben. Dass es sich hierbei jedoch um Menschen handelt, die vom Volke gewählt wurden sollte uns doch zu denken geben. Oder sind wir bereits alle dem Wahn der zerstörerischen Macht der nicht enden wollenden Gier verfallen?

  • V
    vic

    Gehirnverstrahlte SPD im Saarland.

     

    "Vattenfall betreibe vor allem umweltfreundliche Wasserkraftwerke", sagt einer allen Ernstes.

    Wieso also sollte man nicht gleich das Original CDU/FDP wählen?

    Vattenfall-Lobbyist als Wirtschaftsminister, als Regierungsmitglied, unglaublich.

     

    Ich geh zu Wahl, erstelle eine neue Zeile und kreuze Hugo Chávez an.

  • S
    Sakralpunker

    Da kann man wieder einmal besichtigen wie ernst es den Sozen mit dem Atomausstieg ist.

  • B
    Bodo

    Die SPD disqualifiziert sich wieder.

    Atomausstieg als Wahlkampfthema hier und dann einen Kraftwerk-Lobbyisten dort.

     

    Kann man diese Partei noch ernst nehmen?

     

    Es würgt mich, wenn ich daran denke, wie negativ sich die Arbeit der Industrie-Lobbyisten, die teils selbst in der Politik mitmischen, und nicht nur die unswissenden alten Herren und Damen beraten, auf unsere Luft und Umwelt auswirkt.

     

    Der Lobbyismus...

    http://plus7.arte.tv/de/detailPage/1697660,CmC=2752532,scheduleId=2724076.html