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SPD gegen Atompläne von CDU-MinisterinBundesregierung zankt um AKW-Kurs

Wie verhält sich die Bundesregierung zu Frankreichs Pro-Atom-Kurs? Der SPD-Umweltminister Carsten Schneider hält Statements der CDU-Wirtschaftsministerin für ihre „Privatmeinung“.

Das Atomkraftwerk ‚Nogent-Sur-Seine‘: Kernenergie, die in Frankreich eine wichtige Rolle spielt, gilt als emissionsarm Foto: Januario Helder/ABACA/imago

Berlin dpa | Die Bundesregierung ringt um eine gemeinsame Haltung in der Frage, ob Atomkraft auf EU-Ebene als nachhaltig eingestuft werden soll. „Dazu laufen Gespräche auf europäischer Ebene mit unseren europäischen Partnern, mit der Europäischen Kommission und auch innerhalb der Bundesregierung“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin.

Zuvor hatte Bundesumweltminister Carsten Schneider erklärt, Deutschland lehne diese Einstufung weiterhin ab. „Äußerungen von einzelnen Mitgliedern der Bundesregierung, es gäbe hier eine neue Offenheit, sind Privatmeinungen“, sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Eine Positionierung der Bundesregierung gibt es nicht und wird es mit der SPD auch künftig nicht geben.“

In einem zum Antrittsbesuch des frisch gewählten Kanzlers Friedrich Merz (CDU) in Paris am 7. Mai veröffentlichten gemeinsamen Papier der Regierungen in Paris und Berlin heißt es, man werde einen deutsch-französischen Neustart in der Energiepolitik durchführen, „der auf Klimaneutralität, Wettbewerbsfähigkeit und Souveränität beruht“.

Das bedeute etwa, die Gleichbehandlung auf EU-Ebene aller emissionsarmer Energien sicherzustellen. Auch Kernenergie, die in Frankreich eine wichtige Rolle spielt, gilt als emissionsarm. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) hatte dazu am Donnerstag in Brüssel gesagt, man müsse technologieoffen sein.

Schneider: Atomkraft birgt unkalkulierbare Risiken

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron stellte es beim gemeinsamen Auftritt mit Merz Anfang des Monats so dar: „Um unsere Energiesouveränität unter Wahrung der nationalen Entscheidungen zu gewährleisten, rufen wir dazu auf, auf europäischer Ebene alle Diskriminierungen von kohlenstoffarmen Energien, sowohl nuklearen als auch erneuerbaren, zu beenden.“

Schneider sagte hingegen, Deutschland habe sich aus guten Gründen für ein Energiesystem ohne Atomkraft entschieden. „Die Atomkraft ist deutlich teurer als die erneuerbaren Alternativen, bei deren Ausbau Deutschland bereits weit vorangekommen ist und die auch wirtschaftlich ein erfolgreicher Standortfaktor sind. Atomkraft bringt unkalkulierbare Risiken mit sich – mit Blick auf Unfälle und die Verbreitung radioaktiven Materials. Ich kann eine solche Technologie nicht ernsthaft als nachhaltig bezeichnen.“

Die Finanzierung von Atomanlagen aus EU-Mitteln lehne Deutschland ab, sagte Schneider. „Das gilt auch für Versuche, Atomstrom mit nachhaltiger Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie gleichzusetzen.“ Man respektiere aber die Entscheidung anderer EU-Staaten, Atomenergie zu nutzen, solange von diesen Anlagen keine Gefährdungen für die deutsche Bevölkerung ausgingen.

Grünen-Chef Felix Banaszak sagte der dpa, Reiche wolle „die teure und gefährliche Atomkraft als klimafreundlich“ verkaufen. „Atomkraft als nachhaltige Investitionen zu bezeichnen, ist ökologisch, finanziell und sozial unverantwortlich, schädigt die Energiewende und untergräbt die europäischen Klimaziele.“ In Europa müssten erneuerbare Energien nach vorn gestellt werden.

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3 Kommentare

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  • Ich verstehe den angeblichen Streit nicht. Nach EU-Regeln ist die Atom-Energie bereits rechtskräftig als nachhaltig eingestuft. Änderungen daran sind nicht ersichtlich. Eine Finanzierung von Atom-Anlagen aus EU-Mitteln ist demnach ohne weiteres; insbesondere ohne deutsche Zustimmung möglich.

    Und wenn man die Aussagen von Herrn Schneider ernst nimmt, dann handelt es sich dabei lediglich um dessen Privatmeinung.

  • Hoppla!



    Da ist Deutschland ja wirklich aus der Atomkraft ausgestiegen!



    Bei der ganzen " linken Kritik" über die Ampel ist dieses "Detail" irgendwie untergegangen.



    Die Berichterstattung war zu dem Zeitpunkt auch eher enttäuschend.



    Generationen von Wiederständigen haben einen historischen Erfolg erreicht.



    Teile dieser Gruppen haben die Regierungsbank gedrückt und den Ausstieg besiegelt.

    Dass ein paar UnionsministerInnen nun glauben das Rad zurück drehen zu können, ist allerdings eine Privatmeinung.



    Angesichts der Tatsache, dass klimabedingt französische Flüsse eher Niedrigwasser führen werden, wird selbst Frankreich notgedrungen den Ausstieg aus dieser menschenfeindlichen Technologie finden.

  • Auch Kernenergie, die in Frankreich eine wichtige Rolle spielt, gilt als emissionsarm.



    ---



    Ähm, emissionsarm? Reden da jemand von AKW's?



    Wo bleiben die x-Tonnen "schwach- & mittelradioaktives Material" & die Tonnen der abgebrannten Brennstäbe?



    Wer "glaubt& verkauft" denn, dass der o.a. Restmüll, der über Jahrhunderte, teilweise Jahrtausende lang "sicher" eingeschlossen werden muss "emissionsarm" ist?



    Wer so etwas einem "denkenden Menschen" so verkaufen will, glaubt auch noch an Osterhasen & Christkind! :-(