SPD-Vize Schwesig zum Betreuungsgeld: Die Reißleine ziehen
Die Opposition fühlt sich bestätigt. Auch der aktuelle Bildungsbericht von Bund und Ländern bewertet das Betreuungsgeld als Irrweg.
SCHWERIN dpa | Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig hat ihre Ablehnung der Betreuungsgeld-Pläne der schwarz-gelben Koalition bekräftigt. Die andauernde Kritik auch aus dem Regierungslager und im jüngsten Bildungsbericht könnten nur eine Konsequenz haben, sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin: „Union und FDP sollten die Reißleine ziehen und das Projekt stoppen.“
Die Bundesregierung wolle wider besseren Wissens und nur zur Wahrung des Koalitionsfriedens an der Einführung des Betreuungsgeldes festzuhalten. Dabei sagten doch alle Experten, dass dieses Geld bei den Kitas besser angelegt sei, sagte Schwesig. Die Barzahlungen an Eltern, die ihre Kleinkinder bis zu drei Jahren zu Hause betreuen, waren auf Druck der CSU in den Koalitionsvertrag aufgenommen worden. „Die Politik muss sich danach richten, was gut ist für die Kinder, und nicht danach, was gut ist für Herrn Seehofer“, mahnte Schwesig.
Vor allem bei der FDP, aber auch in den Reihen der CDU gibt es Kritik an den Plänen. „Die Bundesminister ducken sich aber alle beim Thema Betreuungsgeld weg. Selbst die zuständige Familienministerin (Kristina Schröder, CDU) sagt, sie erfülle das nur, weil es im Koalitionsvertrag steht. Kein überzeugendes Argument“, kritisierte die SPD-Politikerin.
Für ihre Partei sei das Betreuungsgeld bildungspolitisch unverantwortlich, weil es ein Hemmschuh für gute und frühe Integration von Kindern sei. Auch die Autoren des am Donnerstag vorgelegten nationalen Bildungsberichts hatten vor der Einführung des Betreuungsgeldes gewarnt.
„Ich kenne keine Leistung, die eine Milliarde Euro wert ist und die den Bürger gegeben werden soll, obwohl die Mehrheit das gar nicht will und auch Fachleute dagegen sind. Das zeigt, dass diese Regierung Politik gegen die Menschen macht“, sagte Schwesig. Sie warf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, den Widerstand in der Unionsfraktion durch Zugeständnisse brechen zu wollen. „Kein Vorschlag aber macht das Betreuungsgeld besser“, betonte Schwesig.
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