SPD-Überflieger: SPD hat einen Waffenlobbyisten
Der Berliner Bundestagsabgeordnete und ehemalige Staatssekretär im Wirtschaftsministerium Ditmar Staffelt wechselt zum Rüstungskonzern EADS.
Wieder wechselt ein Berliner Politiker die Seiten und folgt dem Lockruf aus der Wirtschaft: Am Freitag gab der Luftfahrtkonzern EADS bekannt, dass der SPD-Bundestagsabgeordnete und Luftfahrtexperte Ditmar Staffelt Cheflobbyist des Unternehmens in Berlin werde. Staffelt werde sein Mandat niederlegen und ab 1. Januar als EADS-Vorstandsbeauftragter für Politik und Regierungsangelegenheiten in Deutschland arbeiten, teilte Konzernchef Louis Gallois mit. "Wir bedauern den Schritt, respektieren ihn aber natürlich", sagte der Sprecher des SPD-Landesverbands, Hannes Hönemann.
Wahrscheinlich war der Wechsel nur eine Frage der Zeit. Die Politgremien auf verschiedenen Ebenen hat Staffelt größtenteils durch, lange genug ist er im Geschäft - und Branchenkenner ohnehin. Der 59-Jährige war bis 2005 als parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium auch Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt. "Ditmar Staffelt verfügt über die besten Voraussetzungen, die Beziehungen der EADS mit der Politik weiter zu stärken", sagte Gallois.
Auf Landesebene machte sich Staffelt in den 80er-Jahren einen Namen, als er zunächst SPD-Fraktionschef wurde. Später übernahm er dazu den Parteivorsitz von Walter Momper - mit der Aufgabe, die turbulente rot-grüne Koalition in endlosen Krisensitzungen zusammenzuhalten. Im Herbst 1994 legte er nach zahlreichen innerparteilichen Querelen seine Ämter nieder. Nach einem Abstecher in die Privatwirtschaft wurde er 1998 Bundestagsmitglied zunächst in Bonn.
Mit seiner jetzigen Entscheidung folgt Staffelt dem bislang vor allem von CDU-Politikern vorgegebenenTrend, lockenden und lukrativen Angeboten von der anderen Seite nachzugeben. Jüngst wechselte etwa CDU-Staatsministerin Hildegard Müller aus dem Kanzleramt in die Hauptgeschäftsgeführung des Energie- und Wasserwirtschaftsverbands BDEW. Der Automobilverband holte sich zuvor in diesem Jahr ihren Parteikollegen Matthias Wissmann auf den Präsidentenstuhl.
SPD-Sprecher Hönemann zufolge informierte Staffelt seine Partei darüber, dass er rechtzeitig zum Antritt der neuen Stelle sein Mandat niederlegen werde. "Das lief alles sehr transparent und geordnet ab und zeigt, dass er ein Politprofi ist." Gegen Staffelts Entscheidung sei grundsätzlich nichts zu sagen, sagte der Sprecher weiter.
Auch die Grünen-Landesvorsitzende Irma Franke-Dressler sagte, wenn sich Staffelt zeitgleich aus der Politik zurückziehe, sei der Wechsel kaum zu kritisieren. Gleichwohl bleibe ein "Gschmäckle", da er eben jahrelang als Regierungsexperte für die Luftfahrtbranche tätig gewesen sei. "Und EADS ist nun einmal keine Kaufhauskette", so Franke-Dressler.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja