piwik no script img

SPD-Politiker über Schottdorf-Verfahren„Ein sehr fader Beigeschmack“

Franz Schindler sitzt im Untersuchungsausschuss, der gegen den Arzt Schottdorf ermittelt. Der soll jahrelang Laborleistungen falsch abgerechnet haben.

Abrechnungsbetrug: Bernd Schottdorf am 07.09.2015 im Augsburger Landgericht. Foto: dpa
Dominik Baur
Interview von Dominik Baur

taz: Herr Schindler, seit Langem gehen Sie der Frage nach, ob es eine politische Einflussnahme in der Causa Schottdorf gegeben hat. Gab es sie?

Franz Schindler: Dafür gibt es bislang keinen Nachweis. Aber natürlich hat das Ganze einen sehr faden Beigeschmack, das ist doch klar. Schottdorf ist CSU-Mitglied und hat der Partei größere Spenden zukommen lassen. Er hatte auch stets sehr einflussreiche Anwälte, etwa Peter Gauweiler oder den früheren Justizminister Hermann Leeb. Aber die Behauptung, er sei immer geschont worden, weil er ein CSU-Amigo ist, ist schlicht falsch. Es gab jede Menge Verfahren. Zum Teil wurde er auch zu hohen Geldstrafen verurteilt.

Diese Woche sagen vor dem Ausschuss wichtige Zeugen aus: der Münchner Generalstaatsanwalt Manfred Nötzel und sein Vorvorgänger Christoph Strötz. Was fragen Sie sie?

Nötzel war ja 2008 der Chef der Staatsanwaltschaft München I, Strötz Generalstaatsanwalt. Wir wollen von den beiden wissen, weshalb sie nicht verhindert haben, dass in Tausenden Ermittlungsverfahren gegen Ärzte die Verjährung eintritt.

Es geht um Ärzte, die mit dem Labor Schottdorf zusammengearbeitet haben und denen Abrechnungsbetrug vorgeworfen wurde. Die Verfahren wurden dann bis auf ein Pilotverfahren in München an die Staatsanwaltschaft Augsburg abgegeben.

Genau. Und dort wurden sie innerhalb weniger Wochen eingestellt. Wir fragen uns also schon, weshalb die Staatsanwaltschaft in München so verfahren ist – gegen den Willen des ermittelnden Staatsanwalts.

Die Schottdorf-Affäre

Untersuchung: Seit über einem Jahr beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags mit dem Laborarzt Bernd Schottdorf. Bei der Affäre geht es um falsche Arztabrechnungen und mögliche Einflussnahme von Politikern und Justizbeamten. Bei der Einstellung von mehr als tausend Verfahren gegen Ärzte soll es nicht mit rechten Dingen zugegangen sein. Das CSU-geführte Justizministerium und Staatsanwälte könnten Druck ausgeübt haben, damit Schottdorf nicht belangt wird. Der Vorwurf wurde von LKA-Beamten erhoben.

Ungereimtheiten: Augsburger Staatsanwälte stellten die Ermittlungen ein, ohne ein Pilotverfahren in München abzuwarten. Der Prozess endete damals mit einer Gefängnisstrafe von mehr als drei Jahren für den Arzt – wegen Betruges. Dieses Urteil wurde später vom Bundesgerichtshof bestätigt.

Gibt es denn einen guten Grund, warum die Verfahren eingestellt wurden?

Es ging ja damals darum, ob es Betrug ist, wenn Ärzte Speziallaborleistungen ihren Patienten direkt in Rechnung stellen und die Rechnung nicht vom Labor an die Patienten geschickt wird. So konnten die Ärzte nämlich damals von Rabatten profitieren, die ihnen Schottdorf gewährte. Wenn man das als Betrug betrachtet, hat natürlich auch das Labor massive Beihilfe zum Betrug geleistet. Und diese Frage ist sehr umstritten.

Aber der ermittelnde Staatsanwalt in München war der Meinung, es sei Betrug.

Das stimmt. Aber eine Staatsanwaltschaft ist eine streng hierarchische Behörde. Und die vorherrschende Meinung war damals, dass der Tatbestand des Betrugs nicht erfüllt war. Das sahen auch Strötz und Nötzel so. Deshalb musste sich der ermittelnde Staatsanwalt auf das Pilotverfahren beschränken.

Wenn aber alle anderen Verfahren eingestellt werden, was für ein Sinn hat dann ein Pilotverfahren?

dpa
Im Interview: Franz Schindler

Franz Schindler, 59 Jahre, sitzt für die SPD im Bayerischen Landtag. Als Vizevorsitzender des Untersuchungsausschusses erkundet der Jurist seit gut einem Jahr die Affäre um den Laborarzt Bernd Schottdorf und mögliche Spezl-Wirtschaft.

Genau das ist der Punkt. Die Staatsanwälte in Augsburg hätten darauf Rücksicht nehmen müssen, dass zur Klärung dieser Frage ein Prozess läuft. Zumindest hätte man durch ein Anschreiben an die Ärzte verhindern müssen, dass Verjährung eintritt.

Inzwischen hat ja der Bundesgerichtshof bestätigt, dass es Betrug war.

Aber damals gab es das Urteil noch nicht, die Staatsanwälte konnten sich also in der unklaren Rechtslage auf ihre eigene Überzeugung berufen.

Worauf hoffen sie?

Dass wir doch noch einen Nachweis für eine politisch motivierte Einflussnahme finden. Beispielsweise wenn es etwas Schriftliches gäbe. Oder eine eindeutige Zeugenaussage.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Das ganze Interview liest sich wie eine Schutzschrift der CSU. Dass hier ein SPD Abgeordneter interviewt wird würde man nicht erkennen, wenn nicht hinter dem Namen in Klammern die Parteizugehörigkeit vermerkt wäre. Die besten Politiker der UNION sitzen bei der SPD, erinnert sehr an den BankenP€€R.

    Fragt sich noch irgendjemand, dass bei solchen Politikern in der Bayern SPD, die CSU tun und lassen kann was sie wollen?

  • Bei Franz Schindler ist es wie bei vielen anderen SPD Politikern die Facebook Kommentarfunktion deaktiviert. Gegenbeispiel ist Horst Seehofer (CSU). Dies liegt wahrscheinlich daran, dass es an der Arbeit von Schindler viel zu kritisieren gibt, aber die Kritik der Bürger nicht öffentlich werden soll.

    Als der Bay. Justizskandal Gustl Molltah sich bis zum Himmel stapelte, sodass dem Herrgott drohte daran zu ersticken, war es Franz Schindler (SPD) der in der Sendung „Münchner Runde“ die Bay. Justizministerin Beate Merk (CSU) in Schutz nahm und sie verteidigte für ihre angeblich gute Arbeit. Bürger aus der Jura Wissenschaft, Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sahen das anders. Justizministerin Beate Merk (CSU) wurde strafversetzt. Anders bei der SPD, hier kann man mangelhafte Arbeit für die Bürger leisten ohne Konsequenzen zu fürchten, Franz Schindler ist nach der Bay. Landtagswahl wieder auf seinen alten Posten im Rechtssauschuss im Bay. Landtag positioniert worden. Kein Wunder, dass die SPD in Bayern von Wahl zu Wahl immer mehr „abkackt“ wenn die Volksstimme derart von einer Partei missachtet wird.

  • Korruption gibt es überall. Bei Hausverwaltungen/Handwerkern, und eben auch bei Ärzten. Finanzielle Rückflüsse ("Maklerprovision") bei denen Verordner von nachgeschalteten abhängigen Dienstleistern Zuwendungen bekommen gibt es wahrscheinlich zuhauf. Orthopäden und Orthopädieschuhmacher+ Sanitätshäuser, Hautärzte und Pathologen, Gynäkologen und Radiologen (Mammographie), Nephrologische Kliniken und Dialysepraxen, Chirurgen und Transplatationszentren ...

    Das Problem in Deutschland ist die Unschuldsvermutnung, und (es ist wie im Fußball mit den gelben Karten) dass, solange man noch nie verurteilt wurde für alles (..sofern nicht verjährt, bzw. nicht individuell nachweisbar, bzw. von Sachverständigen abgemildert ..) eh nur Bewährungsstrafen oder Geldstrafen gibt.