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SPD: Nach der Wahl wird aufgeräumt

■  Im Falle eines SPD-Wahlergebnisses unter 23,6 Prozent fordert Bezirksbürgermeister Hans Nisblé eine inhaltliche und personelle Erneuerung seiner Partei. Derzeit „nicht erkennbar, wie die SPD in die Offensive kommt“

Im Falle eines schlechten SPD-Wahlergebnisses in Berlin hat der Weddinger Bezirksbürgermeister Hans Nisblé (SPD) gestern personelle Konsequenzen in der SPD-Führung gefordert. „Im alten Stiefel kann es dann nicht weitergehen. Dann müssen mehrere loslassen können.“ Nisblé wollte keine Namen nennen. In Anspielung auf den SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper sagte er jedoch: „Es kann nicht nur einen Schuldigen geben.“ Es räche sich jetzt bitter, dass die Partei nach der Wahl 1995, als die SPD auf den historischen Tiefstand von 23,6 Prozent sank, die eigenen Schwächen und Fehler nicht aufgearbeitet habe, sagte Nisblé. Er sei damals der Einzige gewesen, der Konsequenzen gezogen und aus dem SPD-Landesvorstand zurückgetreten sei. Die Partei müsse „inhaltlich und personell neu aufgebaut werden“. Dabei müssten auch „Jüngere“ zum Zuge kommen.

Nisblé hat damit erstmals ausgesprochen, worüber bislang nur in kleinen Parteizirkeln gesprochen wurde: Nicht nur der Stuhl von Parteichef Peter Strieder könnte im Falle eines schlechten Wahlergebnisses ins Wanken geraten, auch langjährige stellvertretende Landesvorsitzende wie Klaus-Uwe Benneter und Monika Buttgereit müssen sich auf Kritik gefasst machen.

Bereits Mitte August hatte SPD-Fraktionschef Klaus Böger bei einer Pressekonferenz lapidar erklärt: „Für den Wahlkampf ist der Parteivorsitzende verantwortlich.“ Parteiintern wurde dies als Absetzbewegung von Strieder verstanden.

Die jüngsten Umfragen sehen die SPD derzeit bei unter 20 Prozent. Sollte das Wahlergebnis nicht deutlich besser ausfallen, dürfte die Debatte über einen möglichen Gang der SPD in die Opposition am Tag nach der Wahl sehr viel heftiger geführt werden als noch 1995. „Die SPD-Führung wird es diesmal sehr viel schwerer haben, die Parteibasis auf eine erneute Große Koalition einzustimmen“, sagte ein Genosse, der nicht genannt werden wollte. Der stellvertretende Kreisvorsitzende von Wilmersdorf, Elmar Hörath, meinte: „Wenn das Ergebnis unter 23 Prozent liegt, kann man nicht ernsthaft sagen, dass die SPD vom Wähler einen Regierungsauftrag erhalten hat.“ Ein weiterer Genosse der mittleren Führungsebene erklärte, wenn die SPD sich überhaupt noch einmal an einem CDU/SPD-Senat beteilige, dann mit „radikalen personellen Konsequenzen auch bei den Senatoren“.

Nisblé mahnte gestern, die Bundesregierung und die Bundes-SPD müssten darüber nachdenken, wie sie ihre Politik vermittelten. „Wenn sich das nicht bald bessert, hege ich größte Befürchtungen für Berlin.“ Es sei derzeit „nicht erkennbar, wie wir in die Offensive kommen“. Die Berliner SPD könne aber nicht alles auf den Bund schieben, sondern habe auch selbst Fehler gemacht. Nisblé stellte sich dabei ausdrücklich hinter den SPD-Spitzenkandidaten Walter Momper.

Der SPD-Landesvorstand befasste sich gestern am späten Nachmittag mit der Bedeutung der „katastrophalen“ SPD-Ergebnisse in Thüringen und Nordrhein-Westfalen für Berlin, sagte SPD-Sprecher Frank Zimmermann. Im Anschluss daran wollten Walter Momper, Peter Strieder und Bundesfamilienministerin Christine Bergmann mit den 50 bezirklichen Wahlkampfkoordinatoren sprechen. Dorothee Winden

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