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SIXDAYS-STREITAblösung mit Schleudergriff

Jetzt wird juristisch geprüft, ob die Wirtschaftsförderer ihre eigene Ausschreibung gewinnen durften. Bis zur Entscheidung für 2012 könnten noch Monate vergehen.

Pardauz! Bei der Übergabe kommt's immer wieder zu spektakulären Unfällen. Bild: dpa

Es ist ein bisschen so, als ob man sein eigenes Preisausschreiben gewinnt. Nur, dass es in diesem Fall eben ein Sechs-Tage-Rennen zu gewinnen gibt. Ausgelobt hat den Preis, und zwar mit seiner eigenen Unterschrift: Hans-Peter Schneider, der Geschäftsführer der Messe Bremen. Den Gewinner sodann offiziell verkündet hat: Hans-Peter Schneider. Und der Gewinner ist, unter anderem, Herr Schneider, der nun einer der beiden Geschäftsführer der neuen Betreibergesellschaft für die Sixdays werden soll. Ob dabei alles mit rechten Dingen zugegangen ist, muss nun die Vergabekammer beim Bauressort prüfen - im Auftrag von Frank Minder, der 40 Jahre lang die Großveranstaltung organisiert hat. Und den Preis gerne wieder gewonnen hätte.

Minders Firma, die Bremer Sportmarketing GmbH, hat kurz vor Ende der gestern abgelaufenen Einspruchsfrist doch noch einen Nachprüfungsantrag gestellt. Ob das Sechs-Tage-Rennen im kommenden Jahr damit tatsächlich, wie angekündigt, von der Bremer Veranstaltungs- und Event GmbH (BVE), der Securityfirma Elko sowie der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) organisiert wird, ist nun wieder offen. Die WFB, zu der auch die Messegesellschaft gehört, will 25 Prozent der Anteile des neuen Betreiberkonsortiums übernehmen.

Jetzt hat zunächst die Vergabekammer fünf Wochen Zeit, das Ausschreibungsverfahren samt aller dazugehöriger Akten zu prüfen und dazu alle Beteiligten anzuhören. Anschließend kann der Unterlegene binnen 14 Tagen Beschwerde beim Hanseatischen Oberlandesgericht einreichen. Das wiederum zwar muss im Regelfall binnen zweier Wochen über die Vergabe entscheiden, kann aber diese Frist, je nach Komplexität der Materie, um unbestimmte Zeit verlängern. Erst danach ist klar, ob die Ausschreibung womöglich sogar wiederholt werden muss.

Schneider sieht dem Verfahren gelassen entgegen. "Damit musste man rechnen". Für Minder dagegen ist klar, dass das Bremer Sechs-Tage-Rennen nach den schon Monate währenden Auseinandersetzungen inzwischen "hochgradig beschädigt" ist. Die WFB mache das Rennen "kaputt", so Minder. Ob er selbst die Sixdays am Ende der jetzigen Auseinandersetzung überhaupt noch veranstalten wollen würde, lässt er inzwischen offen: "Ich denke darüber nach." Im Wirtschaftsressort heißt es, "je länger" das Vergabeverfahren noch andauere, "desto unglücklicher" sei das für den letztendlichen Gewinner. Zum jetzigen Zeitpunkt sei das Rennen im kommenden Jahr aber "noch nicht in Gefahr", so der Ressortsprecher. BVE-Sprecher Timm Kuhlke vermochte gestern keinen Kommentar abzugeben - "man habe noch nichts Offizielles gehört", sagt er, jedenfalls nicht mehr als das, was in den Medien berichtet wurde.

Öffentlich ausgetragene Querelen gab es zuletzt vor allem um BesucherInnen- und wirtschaftliche Bilanzzahlen sowie um Fragen des Umgangs der Stadt mit Minder. Für neue Irritationen sorgt, dass die WFB beim Sechs-Tage-Rennen künftig auf drei Viertel jener anteiligen Erlöse aus der Gastronomie verzichtet, die ihr bislang zufließen. Die WFB muss diese nun mit den Gesellschaftern teilen. Dafür kann sie diesen aber auch einen Teil der Kosten in Rechnung stellen.

Wirtschaftsstaatsrat Heiner Heseler hatte jüngst vor der SPD-Fraktion behauptet, der Überschuss für die WFB aus dem Rennen 2011 habe nur noch 40.000 Euro betragen, im Vergleich zu 320.000 Euro wenige Jahre zuvor. Minder bestreitet diese Zahlen allerdings ebenso wie die von Heseler behaupteten 60.000 ZuschauerInnen, von denen nur 20.000 Eintritt gezahlt haben sollen. "Es gibt noch gar keine Zahlen" für 2011, sagen Minder und Schneider. Minder jedoch hat zugegeben, die BesucherInnenzahlen in der Vergangenheit geschönt zu haben - mit Wissen der Stadt, wie er hinzufügt.

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