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Russland fordert Hilfskorridore in UkraineUSA nennen Papier „scheinheilig“

In einem Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat hat Russland humanitäre Hilfe für die Ostukraine gefordert. Bei den Vereinten Nationen stößt das Papier auf Skepsis.

Prorussischer Kämpfer in Lugansk. Bild: ap

NEW YORK/KIEW/MOSKAU afp/dpa | Die USA haben einen russischen Resolutionsentwurf für den UN-Sicherheitsrat zur Ukraine kritisiert. Der Text sei „scheinheilig“, da Moskau „nichts“ tue, um die prorussischen Separatisten in der Ukraine an neuen Angriffen zu hindern, erklärte US-Außenamtssprecherin Jen Psaki am Montag (Ortszeit) in Washington. Der Sicherheitsrat in New York beriet über den Entwurf, der das „unverzügliche Ende“ der Gewalt in der Ostukraine fordert.

Zudem werden alle Seiten aufgerufen, sich zu einer „nachhaltigen“ Waffenruhe zu verpflichten, wie es weiter in dem Papier heißt, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Ferner sind Hilfskorridore vorgesehen, um Zivilisten die Flucht aus den Kampfgebieten und die Verteilung von Hilfsmitteln zu ermöglichen.

Bei den informellen Beratungen im Sicherheitsrat sei der Entwurf auf wenig Unterstützung gestoßen, sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant nach Abschluss der Gespräche. „Niemand leidet unter Nahrungsmittelmangel, die Städte werden nicht belagert. Es ist schwer zu verstehen, welche Krise die Einrichtung von Hilfskorridoren rechtfertigen könnte“, sagte Grant.

Zuvor hatte sich bereits Litauens UN-Botschafterin Raimonda Murmokaite skeptisch geäußert. Nach dem Widerstand Russlands gegen humanitäre Hilfen in Syrien sei es „etwas ironisch, um das Mindeste zu sagen“, wenn Moskau nun so etwas für die Ukraine vorschlage, sagte Murmokaite.

Der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin sprach dagegen von einer „gewissen Unterstützung“ für den Resolutionsentwurf. Moskau habe aber noch nicht entschieden, wie mit dem Text weiter verfahren werden solle.

Treffen der Nato-Verteidigungsminister

Russland hatte die Führung in Kiew am Freitag beschuldigt, bei ihrer Militäroffensive im Osten der Ukraine gegen die Genfer Konvention zum Schutz von Zivilisten in Kriegsgebieten zu verstoßen. Der UN-Sicherheitsrat war wegen der Ukraine-Krise bereits mehrfach zu Dringlichkeitssitzungen zusammengekommen. Einen westlichen Resolutionsentwurf zu dem Referendum auf der Halbinsel Krim, die Moskau anschließend annektiert hatte, verhinderte Russland im März mit seinem Veto.

Über die Lage in der Ukraine beraten am heutigen Dienstag auch die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. Vor allem Polen sowie Litauen, Lettland und Estland wünschen sich angesichts der möglichen Bedrohung durch Russland mehr Schutz. Allerdings rechnen Diplomaten nicht damit, dass sich die Nato auf die ständige Stationierung von größeren Kampftruppen in den neuen Mitgliedsstaaten einigen kann. Polen erwartet jedoch beim Besuch von US-Präsident Barack Obama in Warschau am Dienstag, dass die Nato-Führungsmacht USA ihre Sicherheitszusagen für Osteuropa erneuert.

Etwa 500 prorussische Kämpfer hatten am Montag in einer der bislang größten Offensiven der Separatisten ein Lager ukrainischer Grenzsoldaten am südlichen Stadtrand von Lugansk angegriffen. Dabei seien mindestens fünf Aufständische getötet und acht Soldaten verletzt worden, teilte die Regierung in Kiew mit. Die Gefechte, bei denen Scharfschützen, Mörser und Granatenwerfer zum Einsatz kamen, dauerten den ganzen Tag. Eine gewaltige Explosion erschütterte das örtliche Hauptquartier der Separatisten.

US-Vizepräsident Joe Biden wird zur Vereidigung des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenkow am Samstag nach Kiew reisen. In Gesprächen mit Regierungsvertretern wolle Biden auch die Unterstützung Washingtons beim Kampf gegen die Korruption und für den Wiederaufbau der Wirtschaft anbieten, teilte das Weiße Haus mit.

US-Präsident Barack Obama wird Poroschenko schon vor dessen Vereidigung am Mittwoch in Polen treffen, wo Obama auf seiner Europareise Station macht.

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16 Kommentare

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  • Wer spuckt denn hier so hochfahrende Töne? Wer ist hier denn tatsächlich scheinheilig? Man erinnere sich doch bitte daran, dass diese US-Typen sich als sakrosankt gegenüber dem Den Haager IStGH aufspielen. (Obamas absolut wurmstichige Moralsicht geht mir doch locker, sowas von am Amerika vorbei.) Putin mag nicht okay sein, Obama ist schlimmer.

    • @H.-G- S.:

      "Obamas absolut wurmstichige Moralsicht geht mir doch locker, sowas von am Amerika vorbei." :)

      Der Weg vom (Schein)Heiligen und Friedensfürsten zum absoluten Ars.....h .

      Bei Dabbelju B könnte der Weltenrichter dereinst noch mildernd berücksichtigen , dass der etwas dumm war . Für Obama dagegen müßte wohl das volle Programm drin sein .

  • "sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant nach Abschluss der Gespräche. „Niemand leidet unter Nahrungsmittelmangel, die Städte werden nicht belagert."

     

    Ach?

     

    "3. Today, special forces repulsed an attempt to break through the cordon around Sloviansk."

     

    Schreibt der "Militärexperte" Dmitry Tymchuk, mit seinem "Run, little rats." eher der Sympathie für die ost-ukrainischen Rebellen unverdächtig: http://maidantranslations.com/2014/05/31/dmitry-tymchuks-military-blog-summary-may-30-2014/

     

    Was ist nun ein "Kordon" um die Stadt (der nicht mal erlaubt, Kinder zu evakuieren) anderes als eine Belagerung?

  • Finnlands Außenminister Erkki Tuomioja über die Ukraine, sagt übrigens ein klares NEIN zu einem NATO-Beititt, auch die Stimmung der Finnen spricht nicht dafür !!

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    Seltsam....im Vergleich zu Polen und dem Baltikum !?!?

  • Was für ein Irrsinn!

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    Die USA und die EU fordern von den Russen permanent, ihre Truppen in ihrem eigenen Land von der ukrainischen Grenze zu verschieben, während sie gleichzeitig ihre Truppen immer näher an Russland setzen.

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    Spätestens jetzt sollte klar werden, dass die Nato Krieg will. Sie wollen Russland und Putin schaden, damit diese keinen Gegenpol mehr bilden sollen und wer das nicht glaubt, dem empfehle ich das Buch vom vielfachen Präsidentenberater Zbigniew Brzezinski,

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    "Die Einzige Weltmacht" !!!!

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    Dort steht alles genau drin, wie sich die Nato und damit die USA ihre Vormachtstellung erhalten können, die sogenannten "Fehler" der Nato in der Ukrainekrise, die nichts anderes als Taktik sind usw. Das Buch ist von 1997 und Brzezinski ist der größte Förderer von Barack Obama.

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    Langsam sollten mal diesen NATO - Verstehern die Augen aufgehen.

  • Ich finde es immer wieder seltsam, wie Polen und das Baltikum die Möglichkeit beschwören, das Opfer einer russischen Invasion zu werden. So ein Einmarsch ist äußerst unwahrscheinlich, während ich mir zeitweilig in Bezug auf die Ostukraine nicht so sicher war. Für wahrscheinlich halte ich es allerdings, daß der Text solcher besorgter Meldungen aus Washington kommt, denn allzu gern möchten letztere Herrschaften ihre Truppen noch weiter nach Osten verlagern, und da kommen solche "Hilferufe" gerade recht.

    Tja, und wenn Rußland ALLE Seiten auffordert, die Kampfhandlungen einzustellen, kann man doch eigentlich auch nichts dagegen haben, oder? Von der humanitären Hilfe mal ganz zu schweigen, denn zumindest Medikamente sollen schon knapp werden.

    • @Der_Peter:

      Es ist aber eine unbestrittene Wahrheit, dass Russland mit Waffengewalt die Krim annektiert hat, also einfach garantierte Grenzen verschoben hat.

      Es ist auch eine Wahrheit, dass mit schweren, russischen Waffen ausgerüstete Gruppen in der östlichen Ukraine die legitimen Organe der ukrainischen Verwaltung mit blanker Gewalt ausgeschaltet haben. Es ist auch unbestritten, dass sich diese Gruppen sehr in Richtung der russischen Regierung orientieren, aber sonst nicht legitimiert sind, eine reine Gewaltherrschaft ausüben.

       

      Also die blanken, unbestrittenen Fakten reichen doch wohl, damit auch die Polen und Balten um ihre demokratischen Errungenschaften fürchten dürfen.

       

      Aber aufschlussreich hier zu sehen, wie sich die rot-braune Koalition der Putin-Versteher im Angesicht der klaren Fakten in Hirngespinste und aggressives Geschwurbel flüchten, weil die Widersprüche einfach zu krass sind.

      • @Estragon:

        Ja ja, immer diese Putinversteher. :-D Kennen Sie denn die Leute, die hier posten, so gut, um aus ein paar Statements ihre Gesinnung herauszulesen und sie in das Schema rot-braun zu pressen?

        Apropos Fakten - welche "schweren, russischen Waffen" haben denn die Separatisten? Aber bitte mit Belegen! Ich denke nämlich, daß die Lage in der Ostukraine eine völlig andere wäre, hatten die Rebellen ***wirklich*** schwere Waffen.

        So eine Ein-Mann-Fla-Rakete z.B., die man auf verschiedenen Photos gesehen hat, ist zwar ca. 15 kg schwer, zählt aber m.E. noch nicht dazu. Der Anführer der Rebellen in Donezk behauptete vor einiger Zeit, jedes Gewehr und jede Patrone sei aus ukrainischen Beständen. Glaube ich persönlich zwar nicht ganz, aber auch nicht, daß schwere Waffen aus Rußland reinkommen.

        Na ja, und offensichtlich sehen die Rebellen das mit der Legitimität der gegenwärtigen ukrainischen "Übergangsregierung" etwas anders als die, um in Ihrem Jargon zu bleiben, "Jazenjuk- und Tjahnybok-Versteher".

        Hm, und das mit der Krim war tatsächlich eine Änderung der Grenzen gegen den Willen Kiews (ob gegen das Völkerrecht, da gibt es in der Tat Diskussionen). Man kann es aus der strategischen Sicht Rußlands erklären, aber nicht gutheißen. Zumindest gab es dort außer dem Zwischenfall mit dem Heckenschützen keine Toten...

        • @Der_Peter:

          @Estragon: Nachtrag, ach ja, und da Sie betonen, Polen und das Baltikum würden sich "fürchten" - nach dem 2. Mai in Odessa fürchten sich auch welche in der Ukraine, nämlich alle, die gegen Swoboda und Konsorten sind. Und vorher schon viele aus der Partei der Regionen und der KP der Ukraine. Letztere agiert in weiten Teilen des Landes fast nur noch im Untergrund, nachdem viele ihrer Büros überfallen und verwüstet wurden und mehrere ihrer Funktionäre ermordet wurden.

          • @Der_Peter:

            Beweise?

            Wenigstens deutlich Hinweise (jenseits staatlicher, russischer Propaganda)?

    • @Der_Peter:

      Ja , man sieht sie vor Angst regelrecht schlottern , die Polen und Balten - vor dem tückischen landraubenden russischen Bären ! Gegen die üblen Iraner , die diese armen Teufel im Nordosten Europas mit ihren Atomraketen bedrohen , hatte BigBrother ja postwendend die Raketenabwehrstationen installiert . Die Polen werden sicher noch so lange quengeln , bis Obama ein paar Divisionen Bodentruppen bei ihnen stationiert . ( Gibt ja auch so viele neue Arbeitsplätze !)

    • @Der_Peter:

      Vor humanitären Hilfen muß immer erst einer siegen. Human geht nur in der eigenen Einflußzone

       

       

      [Die Red.: Link entfernt, wir verlinken nicht auf Fotos und Videos, die schwere Gewalt oder ihre Folgen zeigen.]

  • So So, scheinheilig.

    Aber die Berater aus den USA ( CIA FBI Blackwater-Söldner) sind nicht schein sondern heilig.

    Lasst euch nicht an der Nase führen. Seit 20 Jahren schon bereiten die EU und Nato genau das vor was jetzt passiert.

    In Bildern für über 18jährige. ( Abfrage muß bestätigt werden)

     

    [Die Red.: Link entfernt, wir verlinken nicht auf Fotos und Videos, die schwere Gewalt oder ihre Folgen zeigen.]

    • @conny loggo:

      Hallo, geben Sie bitte mal ein paar Stichpunkte, damit man nach dem von der taz gelöschten Link wenigstens googeln kann.

  • Ist es nicht rührend , wie sich die Top Guns der Amerikaner um dieses zerrissene bankrotte Land vor der Haustür Russlands kümmern ! Ständiger Reiseverkehr und Händchenhalten mit den eingesetzten Statthaltern ! Und Sohnemann Biden hat sogar schon einen fetten Posten dort übernommen .

    Der erfolgreiche "regime change" hat unsere hehre Vormacht zwar sicher schon mehr als 5 Milliarden Dollar gekostet , er ist jedoch leider noch nicht ganz aus dem Gröbsten raus . Auch die sonst knauserigen Republikaner hatten übrigens nichts dagegen , dass für den guten Zweck die paar Milliarden zusätzlich gedruckt wurden .

  • Ich glaube die korrekte Überschrift heisst "USA blockieren den UN-Sicherheitsausschuss"