Russ*innen in Georgien: Endstation Flughafen
Dem Publizisten Filipp Dzjadko wird ohne Angabe von Gründen die Einreise verweigert. Dabei lebt Dzjadko mit seiner Familie bereits ein Jahr in Georgien.
Das Gefühl trog ihn nicht: Bei seiner Ankunft aus Wien am Sonntag abend in Georgien wurde ihm am Flughafen der Hauptstadt Tblissi ohne Angaben von Gründen die Einreise verweigert. Entsprechende Nachrichten posteten seine Mutter, die Menschenrechtlerin Soja Swetowa sowie sein Bruder Tichon Dzjadko, Chefredakteur des exilierten russischen Oppositionssenders Doschd, in den sozialen Netzwerken
„Am Sonntag Abend kam Philip Dzjadko aus Wien in Tbilissi an. Als er die Passkontrolle passieren wollte, funktionierte das System angeblich nicht“, schrieb Tichon Dzjadko auf Facebook. „Alle Passagiere des Fluges wurden durchgelassen, bis auf Filipp. Die Grenzpolizei hielt ihn über Nacht am Flughafen fest, und am Morgen wurde ihm die Einreise verweigert. Die Gründe wurden ihm nicht mitgeteilt. Jetzt sitzt Filipp Dzjadko in einem Raum – einer Box ohne Fenster. Sie versuchen, ihm sein Handy wegzunehmen. Der Flug nach Wien, mit dem er abgeschoben wird, geht erst in drei Tagen – am 23. Februar“, schreibt Tichon Dzjadko.
Filipp Dzjadko lebt mit Frau und Tochter bereits ein Jahr in Georgien. „Ich bin seit 16 Stunden am Flughafen von Tblissi. Ich fühle mich wie der Held des Films „TerminaI“. „Ich liebe Georgien und werde nie aufhören, dem Land dankbar zu sein. Wer, wenn nicht ich, sollte wissen, dass Staat und Land zwei verschiedene Dinge sind“, zitiert das Webportal RBK einen Post von Dzjadko.
Unerwünschte Personen
Es kommt immer wieder vor, dass Georgien russische Oppositionspolitiker*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen nicht ins Land lässt. Zu der Gruppe offensichtlich unerwünschter Personen gehörten in den vergangenen Wochen auch Ljubow Sobol, Mitarbeiterin bei der Anti-Korruptionsstiftung des inhaftierten Bloggers Alexei Nawalny, der ehemalige Dumaabgeordnete Dmitri Gudkow, Olga Borisowa, Mitglied der Punkband Pussy Riot sowie die Leiterin der Stiftung „Nasiliju.net“ (Nein zu Gewalt), Anna Riwina.
Seitdem Russland im vergangenen September eine Teilmobilisierung verkündet hat, sind zehntausende Russen geflohen – auch in die Südkaukasusrepublik Georgien. Am 10. September 2022 hatte der Leiter des Staatssicherheitsdienstes (SSS) Georgiens, Grigol Liluaschwili, in einem Bericht an das Parlament erklärt, dass „der unkontrollierte Zustrom von Menschen, die an der Spitze der russischen Opposition stünden, genauso gefährlich sei wie Russ*innen, die das Territorium des Landes zu touristischen Zwecken beträten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück