piwik no script img

Rugby-WMFrankreich im Rugby-Fieber

Nach dem Sieg über das stärkste Team der Erde feiern die Franzosen auf den Straßen. Die Neuseeländer dagegen können es nicht fassen, eine 13:3 Halbzeitführung noch vergeigt zu haben.

Frankreichs Vincent Clerc trägt den Ball zum finalen Lauf gegen Neuseelands Team. Bild: reuters

CARDIFF/BERLIN dpa/taz "Bedauerlicherweise sind wir eine trottelige Rugby-Nation. Die wichtigen Spiele vergeigen wir", schrieb David Kirk zerknirscht, Kapitän der Weltmeistermannschaft von 1987 in der Zeitung Sunday Star-Times. "An den großen Herausforderungen scheitern wir, und das gegen Franzosen, die nicht so stark waren." Im Turnierverlauf zeigten die Europäer sogar eklatante Schwächen. Der Sieg für die All Blacks im Viertelfinale der Weltmeisterschaft schien also sicher. Doch nach einer 13:3-Führung zur Halbzeit kam es unter den Augen von Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy anders.

Es ist dies der zweite herbe Schlag, den die Kiwis heuer hinnehmen. Kürzlich erst mussten sie die Niederlage gegen die Schweiz in den Regatten um den Americas Cup verkraften, und nun das Desaster von Cardiff. "Wir haben wie Schwachköpfe gespielt", ärgerte sich Kirk.

Ganz anders die Reaktionen in Frankreich auf das 20:18. "Großartig", titelte Le Parisien. Mit Autokorsos und Hupkonzerten feierten die Franzosen in der Nacht zum Sonntag den unerwarteten Sieg bei der Rugby-Weltmeisterschaft gegen die "All Blacks" aus Neuseeland. Zehntausende Fahnen schwenkender Fans mischten sich in Paris unter die feiernden Menschenmassen. Auch in Toulouse und anderen Städten kam es nach dem überraschenden Sieg zu Freudenveranstaltungen zehntausender Anhänger. Neuseeland hatte seit 2000 neun von zehn Partien gegen die "Bleues" gewonnen.

Dabei hatten die All Blacks bis etwa zur 40. Minute die Franzosen fest im Griff. Sie führten bereits mit 13:0, ehe Lionel Beauxis kurz vor dem Halbzeitpfiff per Straftritt immerhin den Anschluss schaffte. Dann kamen die Franzosen besser ins Spiel und erzielten mit einem Straftritt in der 46. Minute das 13:6. Trotz intensiver Angriffe der Neuseeländer gelang den Franzosen mit einem Versuch von Thierry Duautoir und der Erhöhung von Beauxis schließlich in der 55. Minute sogar der 13:13-Ausgleich.

Doch wieder gingen die All Blacks in Führung mit 18:13 durch einen Versuch von Rodney So'oialo in der 63. Minute. Wieder hatten sie gute Chance, die Führung auszubauen, doch die Franzosen standen zu gut. Ein Versuch von Yannick Jauzion, erhöht von Jean-Baptiste Elissalde auf die entscheidenden 20:18 für Frankreich, brachte den "Bleues" in der 70. Minute schließlich den Sieg vor 72.000 Zuschauern in Cardiff.

Das Spiel war auf zahlreichen Großleinwänden übertragen worden. Alleine vor dem Pariser Rathaus hatten 25 000 Menschen den Sieg ihrer Mannschaft verfolgt. Präsident Nicolas Sarkozy, Premierminister François Fillon und mehrere Minister beglückwünschten die Spieler im Stadion. Sarkozy umarmte den Nationaltrainer Bernard Laporte, den er nach der WM als Sport-Staatssekretär in die Regierung holen will.

Im WM-Halbfinale treffen die Franzosen am kommenden Samstag auf England, das seine Partie in Marseille gegen Australien ebenso überraschend mit 12:10 gewann. Dritte Mannschaft im Halbfinale ist Südafrika, das sich am Sonntagnachmittag in Marseille gegen Fidschi mit 37:20 durchsetzte. Vorschlussrundengegner der Afrikaner ist am 14. Oktober ebenfalls im französischen St. Denis der Sieger aus der Partie zwischen Argentinien und Schottland.

Das sechswöchige Mammut-Turnier mit 48 Spielen in Frankreich (42), Wales (4) und Schottland (2) war am 7. September in St. Denis mit der Partie zwischen Frankreich und Australien (12:17) eröffnet worden. Dort wird am 20. Oktober auch das Finale ausgetragen. Die Auswahl des Deutschen Rugby-Verbandes (DRV) hatte sich nicht für die Endrunde qualifizieren können.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • A
    Ann

    Vielleicht sollte man noch erwähnen, dass Frankreich nur durch krasse Fehlentscheidungen der Schiedsrichter gewonnen hat.