Rüstungsexporte: Indonesien will deutsche Kampfpanzer
Kurz vor einem Merkel-Besuch entscheidet sich Jakarta für 100 gebrauchte deutsche Leopard 2. Menschenrechtler und Abgeordnete warnen vor dem Deal.
BERLIN taz | Indonesien will laut einem Bericht der Jakarta Post von Deutschland bis zu 100 gebrauchte Kampfpanzer Leopard 2A6 kaufen. Die ersten 15 sollen bereits im Oktober geliefert werden, wie Vizeverteidigungsminister Sjafrie Sjamsoeddin dem Blatt am vergangenen Montag erklärte.
Passenderweise reist Bundeskanzlerin Angela Merkel nächsten Montag nach Indonesien. Ein Regierungssprecher erklärte auf Anfrage der taz: „Fragen der Rüstungskooperation stehen nicht auf der Agenda des Besuchs der Bundeskanzlerin.“
Konkrete Fragen der taz zu dem Geschäft und seiner Finanzierung wollte der Regierungssprecher nicht beantworten: „Zu Einzelfällen nimmt die Bundesregierung keine Stellung“, erklärte er. „Es wird zu gegebener Zeit im Rahmen des Rüstungsexportberichts von der Bundesregierung über die von ihr erteilten Genehmigungen berichtet.“
Weit fortgeschrittener Deal
Der Deal ist wohl längst eingefädelt und deshalb für die Kanzlerin nichts mehr zu besprechen. Schon zweimal waren dieses Jahr Abgeordnete des indonesischen Parlamentsausschusses für Sicherheit und Außenpolitik in Deutschland, zuletzt im April. Ein Thema waren die Panzer. In Indonesien stand deren Eignung wie auch die Notwendigkeit eines Imports zur Debatte. „Wenn die ersten Panzer bereits im Oktober in Indonesien eintreffen sollen, muss der Deal weit fortgeschritten sein“, vermutet Ulrich Delius von der Gesellschaft für bedrohte Völker.
Laut Jakarta Post sollen die ausgemusterten und grundüberholten Leopard 280 Millionen Dollar kosten. Indonesien will sie mit ausländischen Krediten finanzieren. „Dafür gibt es wohl kein Geld aus China“, glaubt Delius. „Woher, wenn nicht aus Deutschland, sollen die Kredite kommen?“ Doch laut dem Regierungssprecher lägen „keine entsprechenden Anträge vor“.
Indonesien entschied sich laut Vizeminister Sjafrie erst für deutsche Panzer, nachdem das niederländische Parlament gegen einen Verkauf holländischer Leopard gestimmt hatte. Die Abgeordneten der früheren Kolonialmacht argumentierten mit Indonesiens Menschenrechtsverletzungen, vor allem in Papua.
Falsche Signale
Für Andreas Harsono, den Büroleiter von Human Rights Watch in Jakarta, widerspricht das Rüstungsgeschäft der deutschen Menschenrechtspolitik. Berlin habe Jakarta seine Sorgen über Menschenrechtsverletzungen in Papua mitgeteilt und die Freilassung politischer Gefangener gefordert, was Indonesien ignoriert habe, so Harsono zur taz. „Jetzt Panzer zu verkaufen, sendet falsche Signale: dass Indonesien sich richtig verhalte, dass die Autonomie in Papua die Probleme gelöst habe und dass Straffreiheit akzeptiert werde.“
Für Delius verhöhnt der deutsche Deal, der niederländische Bedenken hintertreibt, europäische Ansätze zur Rüstungskontrolle und ignoriert deutsche Erfahrungen mit Rüstungsexporten nach Indonesien. Berlin hatte 1994 Jakarta die halbe DDR-Flotte verkauft. „Der Bruch damaliger Zusagen Indonesiens disqualifiziert es als Empfänger von Leopard-Panzern“, so Delius.
Damals war Indonesien eine Diktatur, doch habe sich die später demokratischere Regierung nicht an Zusagen gehalten, die Schiffe nur zur Bekämpfung der Piraterie und gegen äußere Bedrohungen einzusetzen. „Deutsche Landungsboote wurden in Papua zur Aufstandsbekämpfung eingesetzt“, sagt Delius.
Die grüne Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon, die zur Parlamentarierdelegation der Kanzlerin in Indonesien gehören wird, kritisiert gegenüber der taz: „Es ist unfassbar, dass wir als Abgeordnete zum wiederholten Male von Rüstungsexporten aus den Medien des Abnehmerlandes erfahren müssen.“ Der Bundestag müsse bei Rüstungsexporten mehr Mitsprache erhalten, den Panzer-Deal dürfe es nicht geben.
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