Kommentar Indonesien: Vordemokratische Verhältnisse
Ohne ausländische Presse hätte der Bundestag wieder nichts von dem geplanten Waffengeschäft erfahren. Das ist zwar rechtens so, ist aber mit heutiger Demokratie nicht vereinbar.
E s ist ein perfides Schauspiel, das zwischen Berlin und Jakarta um die geplante Lieferung gebrauchter deutscher Leopard-Panzer aufgeführt wird: Wieder einmal erfährt die deutsche Öffentlichkeit zuerst aus ausländischen Medien, dass die Bundesregierung größere Rüstungsexporte in ein menschenrechtlich problematisches Land plant.
Von der Bundesregierung ist nichts zu erfahren außer dem üblichen Verweis, dass nur nachträglich über Geschäfte im Rüstungsexportbericht der Regierung berichtet wird. Nur dazu sei die Regierung verpflichtet. Das ist so wahr wie schlecht und wurde viel zu oft schon vergeblich kritisiert.
Die Kanzlerin hat jetzt in Jakarta eine Erklärung unterzeichnet, die entgegen anderslautenden Behauptungen ihres Stabes im Vorfeld sehr wohl eine stärkere Rüstungskooperation vorsieht.
Zu den Details wird wieder geschwiegen. Verwiesen wird nur auf ein Abkommen der Verteidigungsminister vom Februar, doch das ist ebenfalls geheim.
ist Redakteur im Auslandsressort der taz.
Gerade haben die Niederländer uns und unseren Parlamentariern vorgemacht, wie es besser gehen könnte: Dort sprach sich das Parlament mehrheitlich gegen die Lieferung gebrauchter Leopard-Panzer an Indonesien aus. Das Hauptargument waren Bedenken wegen der Menschenrechtslage, etwa in der Provinz Papua, wo friedliche Unabhängigkeitsbestrebungen vom Militär brutal niedergeschlagen werden.
Indonesien ist heute nicht mehr die Diktatur wie zu Zeiten Suhartos. Doch unterließ man es bislang, die großen staatlichen Menschenrechtsverbrechen der Suharto-Zeit aufzuarbeiten. Und Armee und Polizei begehen auch heute noch schwere Menschenrechtsverletzungen.
Schon dem 1965/66 mithilfe einer äußerst blutigen Kommunistenverfolgung an die Macht gekommenen Diktator Suharto lieferte Deutschland (westdeutsche) U-Boote und (ostdeutsche) Marineschiffe.
Damals war das Argument von Helmut Schmidt, mit Schiffen könne man ja schlecht auf Demonstranten schießen. Mit Panzern geht das sehr wohl.
Obgleich in Indonesien selbst umstritten ist, ob die schweren Kampfpanzer in dem Archipel überhaupt unbeschadet über die dortigen Brücken rollen können, der Deal stärkt die falschen Kräfte im Land, das jetzt zumindest auf dem richtigen Weg ist. Der Bundestag muss diese Panzerlieferung stoppen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Berliner Kultur von Kürzungen bedroht
Was wird aus Berlin, wenn der kulturelle Humus vertrocknet?