■ Rühe will Neonazis von der Bundeswehr fernhalten: Wehrbereit mit falschen Waffen
Die Oder hat die Bundeswehr nach oben gespült. Kein Werbefilm hat der Truppe so viele Sympathien eingebracht wie der Hochwassereinsatz. Wochenlang berichteten die Medien von netten Jungs in olivgrünen Uniformen und einer Bevölkerung, die ihnen Selbstgebackenes in den Ruhepausen reichte. Doch das auf Hochglanz polierte Bild vom „Bürger in Uniform“ kann schnell wieder Kratzer bekommen.
Eine Tat wie in Dresden, wo zwei Rekruten ein Ausländerheim anzündeten, bleibt im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung womöglich länger haften als alle positiven Berichte. Das weiß man auch auf der Bonner Hardthöhe, zumal Dresden das bislang letzte Glied einer Kette von Vorfällen ist. Derartige Auswüchse beschädigen nachhaltig die Strategie von Verteidigungsminister Volker Rühe. Er hat, nicht ungeschickt, in den letzten Jahren die Öffentlichkeit auf neue Aufgaben der Bundeswehr vorbereitet.
Nun schlägt Rühe vor, straffällig gewordene rechte Jugendliche von vornherein auszusortieren. Polizei und Justizbehörden sollen uneingeschränkte Auskunft über das Strafregister von Wehrpflichtigen an die Kreiswehrersatzämter weiterleiten.
Das Reinheitsgebot für die Bundeswehr aber ist in vielerlei Hinsicht trügerisch. Juristisch ist fraglich, ob das Bundeszentralregister eine solch umfassende Datenoffenlegung überhaupt erlaubt. Es würde in Grundrechte eingreifen, die für rechtsgerichtete Jugendliche ebenso gelten wie für jeden Bürger. Die Offenlegung brächte zudem kaum praktikable Ergebnisse. Denn Aussagen über den Hintergrund von Straftaten sind dem Register gar nicht zu entnehmen – wer will schon aus der dünnen Meldung, der Wehrpflichtige sei wegen Körperverletzung verurteilt worden, auf den Hintergrund der Tat schließen? Eine Schlägerei mit einem Ausländer kann rassistisch motiviert sein, aber auch ganz andere, weitaus banalere Gründe haben.
Im Kern suggeriert Rühes Vorschlag eine Sicherheit, die es gar nicht geben kann. Weder für die Bundeswehr noch die Polizei, noch andere Behörde. Prüfverfahren werden Vorfälle wie in Dresden niemals gänzlich ausschließen. Denn rechtsextreme Einstellungen machen sich nun einmal nicht am Vorstrafenregister fest. Was Rühe bleibt, ist das, was bislang praktiziert wurde: die Täter aus der Truppe hinauszuwerfen. Das ist in der Tat Schadensbegrenzung, die mit einem Imageverlust einhergeht. Sie ist aber immer noch besser als umfangreiche Datenschnüffeleien. Severin Weiland
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