Rüge für rassistisches AfD-Video: Der Schaden ist längst angerichtet
Die AfD in Brandenburg muss ein Wahlwerbevideo für Kinder und Jugendliche sperren. Der Fall zeigt, wie schwierig es ist, Hetze im Netz zu verhindern.
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D ie AfD betreibt rassistische Hetze. Diese Erkenntnis hat in etwa den gleichen Nachrichtenwert wie die Feststellung, dass Wasser nass ist. Wirklich überraschend ist es also nicht, dass die Kommission für Jugendmedienschutz nun in einem AfD-Wahlkampfvideo „pauschale Stereotype“ entdeckt hat.
Schon eher erstaunlich ist, dass das jetzt Konsequenzen haben könnte: Der für den Clip verantwortliche AfD-Landesverband Brandenburg muss das Video löschen oder verhindern, dass Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre darauf zugreifen können, wie die Kommission am Montag bekanntgab. Die Überprüfung habe nämlich ergeben, dass es „entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte“ enthält, die Heranwachsende noch nicht einordnen könnten.
Das unverhohlen mit Künstlicher Intelligenz (KI) generierte Filmchen zeigt, was laut AfD-Weltbild so alles auf dem Spiel steht. Das geht ungefähr so: Entweder haben in Zukunft blonde Menschen in sonnigen Gärten eine gute Zeit, oder mit Niqab verschleierte Personen marschieren in Formation durch dunkle, verwüstete Straßenzüge.
Die Parolen, die Angstmache: Vieles an dem Video ist verstörend – aber bewegt sich auf demselben Niveau wie eine x-beliebige Wahlkampfrede eines AfD-Kandidaten. Was die Alarmglocken bei den Jugendschützer*innen schrillen ließ, waren wohl die vor rassistischen Stereotypen triefenden KI-Bilder von Geflüchteten und Musliminnen sowie die effekthascherische Gegenüberstellung von Gut und Böse.
Der Unterschied zwischen Regulierung und Zensur
Doch der Schaden ist längst angerichtet. Das Video stammt aus dem Landtagswahlkampf der AfD in Brandenburg, ist seit Mitte September 2024 online und auch am Montag abrufbar. Auf Facebook ist es mit 30.000 Views einer der meistgesehenen Clips der Brandenburger AfD der vergangenen Monate, auf Instagram und Tiktok hat es jeweils hunderte Likes.
Warum dauert es so lange, offensichtlich rassistisches Material zumindest für Heranwachsende zu sperren? „Rechtsprechung braucht einfach Zeit“, erklärt am Montag eine Sprecherin der zuständigen Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) der taz. Regulierung könne schließlich nur im Nachhinein erfolgen – und sei rechtlich anfechtbar. „Anders als etwa Zensur, die Inhalte im Vorfeld verhindern würde.“
Die wittert die AfD sowieso immer und überall. Deshalb ist es wenig verwunderlich, dass Brandenburgs AfD-Chef René Springer am Montag wie bestellt „einen schweren Eingriff in die Meinungsfreiheit“ beklagt und von einer – Achtung, hier kommt der Kampfbegriff – „Zensurmaßnahme“ der MABB spricht. Springer kündigt sodann auch an, vor dem Verwaltungsgericht zu klagen sowie eine einstweilige Verfügung zu beantragen, um die Anordnung zur Sperrung des Clips auszusetzen.
Egal, wie der Rechtsstreit ausgeht: Die AfD lacht sich schon jetzt ins Fäustchen. Denn das Video ist bloß eine weitere wohlkalkulierte Grenzüberschreitung – eine Taktik, die die AfD perfekt beherrscht. Die Rüge der Jugendschützer schafft Aufmerksamkeit und stärkt die Opfererzählung der Rechtsextremen, mitten im Wahlkampf.
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