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RückwärtsgewandtEine Frau mit Ahnungen

Bremer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete unterstützt Petition gegen sexuelle Vielfalt als Bildungziel.

Der Bremer CDU-Politikerin Sigrid Grönert, 54, hilft ihr fester Glaube. Bild: privat

BREMEN taz | Sigrid Grönert hat echt nichts gegen Schwule. „Ich bin nicht homophob“, sagt die sozialpolitische Sprecherin der Bremer CDU-Fraktion. Dass sie die sexuelle Vielfalt unserer Gesellschaft ablehne, werfen ihr die Jung-Piraten vor: Grönert nimmt nämlich an einer Online-Petition teil, die den Bildungsplan 2015 des baden-württembergischen Kultusministeriums angreift, eben weil er die Akzeptanz sexueller Vielfalt als Bildungsziel bestimmt (taz berichtete). Wegen ihrer homophoben Diktion hatte die Ur-Version des Aufrufs selbst die laxe Netiquette des Portals Openpetition.de verletzt.

Grönert ist neben Henrik Ostendorf der prominenteste Bremer Name unter dem Schreiben. Doch während der NPD-Kader sich außerparlamentarisch um SS-Veteranen kümmert, ist Grönert dank Personenstimmen 2011 in die Bürgerschaft eingezogen. Wenigstens als Mitglied der Deputation für Kinder, Jugend und Soziales, finden die Junior-Piraten, sei sie durch ihre Unterschrift nun untragbar geworden.

Das habe sie zur Kenntnis genommen, so die 54-jährige ehemalige Elternsprecherin der bibeltreuen Freien Evangelischen Bekenntnisschule, die außer in der CDU auch in einer freikirchlichen Gemeinde im Stadtteil Habenhausen sehr aktiv ist. „Mir geht es nicht darum, solche Menschen zu benachteiligen“, sagt sie. Wenn einzelne Sätze der Petition das täten – ’Gottchen, man steht bei so was doch nie hinter jedem Wort, auch wenn man’s unterschreibt. „Meine Haltung ist, dass Ehe und Familie besonders fördernswert sind.“

Worin der Entwurf des baden-württembergischen Bildungsplanes dem entgegensteht, kann sie nicht erläutern. Dass der sich genauso gegen andere Diskriminierungen wendet, hatte die behindertenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion nicht ahnen können, denn: „Gelesen habe ich ihn nicht.“ Sie glaubt trotzdem, seine Gedanken abzulehnen, weil die „eine Verdrängung der Mann-Frau-Beziehung“ propagieren würden. Und so ein echter Glaube lässt sich durch Fakten ja nicht erschüttern.  

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15 Kommentare

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  • G
    Gast

    Zu der Diskussion finde ich folgeden Artikel sehr lesenswert. Er beschreibt die Art der Diskussion zu diesem Thema und sollte viele nachdenklich machen.

    http://sciencefiles.org/2014/01/12/die-diffamierungs-spirale-oder-von-der-erosion-des-verstandes/

    • H
      Honky
      @Gast:

      In der Tat, sehr lesenswert. ...wenn man Musterbeispiele sucht, wie sich reaktionäre Säcke ihre Weltsicht unter den Mäntelchen der Logik und Vernunft zurechtlegen. Hört sich an wie Soziologiestudenten,

      die die Weisheit gerade mit Löffeln gefressen haben. Wenn ich die Aussagen aus dem Geschwurbel extrahiere, wird mir schlecht.

  • Ich kenne Frau Grönert als eine integere Politika die für ihre persönliche Meinung gerade steht. Das muss weder meine, noch die Meinung anderer sein, aber sie steht dazu. Mehr zur Person will ich nicht sagen, eher zur Sache.

     

    Die eingebrachte Petition zeigt, dass die viel gerühmte Akzeptanz von Homosexualität die wir in unsere Gesellschaft haben, doch nicht ganz so groß ist wie behauptet. Das nicht alleine innerhalb religiösen Gruppen, sondern viel mehr und versteckter in andere Bereiche. Schaut auf beide Väter die zum Elternabend des Sohnes kommen, mehrheitlich von Eltern aus nicht religiösen Hintergrund besucht, und da angeschaut werden als ob sie eine Bedrohung der Schule sind. Oder auf die Trainerin im Sportverein die hoch geachtet ist, man aber doch nicht so gerne alleine mit den Kindern lässt, weil sie mit eine Frau zusammen lebt.

     

    Wer also möchte, dass sich was in der Gesellschaft ändert soll damit persönlich anfangen. Jeder der hier seine Stift gespitzt und geschrieben hat sei deswegen gefragt: Wie sieht es aus, wenn Dein Sohn nach Hause kommt und sein Freund mitbringt? Oder die Tochter ihre Hochzeit mit ihre Freundin bekannt gibt?

    • T
      tzapatu
      @Olav van Gerven:

      Mein Sohn bringt seinen Freund mit, was ich dann machen würde?

      Hm...

      vielleicht Kaffee?

  • D
    D.J.

    @Ibiza,

     

    Heterosexualität wird selbstverständlich ununterbrochen in die Öffentlichkeit getragen. Warum auch nicht? Das beginnt schon, wenn man als Mann seine Freundin/Frau erwähnt. Nur bezüglich Schwulen/Lesben gibt es immer noch die - m.E. reaktionäre, da mit unterschiedlichen Maßstäben messende - Auffassung, dies ginge niemanden etwas an, man wolle davon nichts hören. Sehr seltsam das.

  • E
    Egal

    Sollte man nicht auch akzeptieren, wenn jemand LSB...*was auch immer* zwar toleriert, aber doch mit einer gewissen Abneigung gegenübersteht und somit die Unterzeichnung dieser Petition nur konsequent ist? Falls es 'Rückwärtsgewandt

    'ist, wenn man traditioneller Familie und Ehe einen höheren Stellenwert einräumt und Sex als einen intimen Vorgang zwischen zwei Personen (welchen Geschlechts auch immer) ansieht, der niemand sonst etwas angeht, dann bin ich gerne rückwärtsgewandt. Toleranz, Respekt -d'accord; Akzeptanz und Verankerung im Lehrplan - nope.

    • @Egal:

      @ Egal: Ich denke Sie können keine wahre Toleranz ohne Akzeptanz erreichen - und mit Jugendlichen in der Schule über dieses Thema zu sprechen kann genau das unterstützen, also wovor die Angst?

  • H
    Hamsun

    Vielen Dank Fraue Grönert, mit Ihrer Standhaftigkeit sorgen Sie dafür, daß die Bürger wenigstens nicht jegliches Vertrauen in die Politiker verlieren. Es ist völlig in Ordnung zu der Unterschrift zu dieser Petition zu stehen, wie knapp 125.000 Unterzeichner zeigen. Weiter so!!!

    • I
      Irrlicht
      @Hamsun:

      Sie finden es vertrauensfördernd, wenn diese Frau Dinge unterschreibt, die sie vorher nicht gelesen hat???

  • I
    Ibiza

    Ich finde es gut, wenn eine Frau zu dem steht was sie sagt. Es hat nichts mit Homophobie zu tun, wenn man sich für ein traditionelles Familien- und Partnerschaftsbild einsetzt.

    Mitläufer haben wir in der Politik genug.

    Ich selbst bin mit Lesben und Schwulen befreundet, aber diese machen nicht auf Hype in der Öffentlichkeit, indem sie sich fußballspielend outen oder sonst was. Es gibt auch unter Homosexuellen sonne und sonne. Sie sehen es als Teil ihres Privatlebens, das niemanden etwas angeht, außer gute Freunde. Gut so!

    • I
      Irrlicht
      @Ibiza:

      Genau. Und Rosa Parks hätte sich gefälligst nen anderen Platz suchen sollen. Pffff...

  • T
    tzapatu

    zu ihrer entlastung sollte man ihr eine rücktrittserklärung zur unterschrift vorlegen. einfach sagen das ist gut für jesus, schon unterschreibt sie.

     

    und danach lasst die arme frau in ruhe!

    die hat mehr als genug probleme mit den ganzen zeitungsabos und waschmaschinen...

  • Mal eben was unterschreiben, das man nicht gelesen hat?

     

    Da scheint ja ein echter Polit-Profi in Bremen am Werk zu sein.

    • K
      Kunststein
      @Soungoula:

      Das ist der Grund warum die dann Erinnerungslücken Haben.

    • SS
      Sven Schmidt
      @Soungoula:

      Wieso, kennen wir doch schon aus der Bundespolitik und Herrn Sarrazin