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Rücktritte in der PiratenparteiVorstand halbiert

Der Richtungsstreit bei den Piraten eskaliert weiter. Wenige Wochen vor der Europawahl erklärten nun drei Vorstandsmitglieder ihren Rücktritt.

Die Piraten kommen nicht zur Ruhe. Bild: dpa

BERLIN dpa | Die Piratenpartei steht vor einer neuen Zerreißprobe: Drei der sieben Mitglieder des Bundesvorstands sind zurückgetreten. Es sei dem Vorstand nicht gelungen, in den jüngsten Querelen einen gemeinsamen Kurs zu finden, erklärten Stephanie Schmiedke, Stefan Bartels und Björn Semrau.

„Mit unserem Rücktritt aus dem Bundesvorstand wollen wir sowohl uns als auch Euch die Gelegenheit geben, die Piraten endlich von ihrem politischen Schlingerkurs zu befreien“, schrieben sie in einer am Sonntagabend veröffentlichten Erklärung.

Die Partei muss nun einen außerordentlichen Parteitag organisieren, auf dem ein neuer Vorstand gewählt wird, wie eine Parteisprecherin am Montag auf Anfrage sagte.

Auslöser des jüngsten Streits war eine Oben-Ohne-Aktion zweier Frauen in Dresden Mitte Februar - ein provozierender Dank an die Alliierten für die Bombardierung Deutschlands im Zweiten Weltkrieg. Daran beteiligt hatte sich auch die Piraten-Kandidatin für die Europawahl, Anne Helm. Der innerparteiliche Streit über die Aktion eskalierte, die verschiedenen Kräfte stehen sich unversöhnlich gegenüber.

„Im Grunde genommen sind wir in einem großen Positionierungsstreit gelandet, wo sich die Partei hin entwickeln will“, sagte Parteisprecherin Anita Möllering. Die zurückgetretenen Vorstandsmitglieder erklärten, sie könnten den Kurs der Partei nicht mehr mittragen. Die verbliebenen vier Vorstände führen die Partei kommissarisch, bis die Partei auf einem außerordentlichen Parteitag einen neuer Vorstand gewählt hat.

Es ist das zweite Mal innerhalb weniger Monate, dass die Piraten ihre Führungsriege weitgehend austauschen. Bereits nach der für sie enttäuschenden Bundestagswahl im Herbst hatten sich die meisten damaligen Vorstandsmitglieder verabschiedet. Mehrere prominente Piraten, darunter der Düsseldorfer Anwalt Udo Vetter und die ehemalige Berliner Spitzenkandidatin Cornelia Otto, traten aus der Partei aus.

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4 Kommentare

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  • Diese Streitereien sind grotesk. Wie kann man aus einem provokanten, aber friedlichen, Protest ein derartiges Drama veranstalten? Das kriegen auch nur Spießbürger hin, die keine Ahnung von Protestformen jenseits einer Latsch-Demo haben. Um es in die Medien zu schaffen, muss man schon was Provokantes reißen. Um Neo-Nazis aus der Reserve zu locken oder um deren Trauermärsche zu karikieren, muss man schon den Alliierten für die Bombenabwürfe danken. Ohne Provokation werden wir nicht wahrgenommen - das wusste schon Dutschke.

  • K
    knattertom

    Ja, "Gesundschrumpfen" nennt man das wohl bei Unternehmen, die zu stark gewachsen sind. Und eine (Wieder-)Positionierung nach all den Umfrage-Höhenflügen und Parlamentarismusträumen vieler (Neu-)mitglieder.

     

    Auch wenn viele es mglw. durch das Schreiben eines Komplettparteiprogramms negieren wollten, aber die Piraten sind eine linke Partei, sie waren es von Beginn an und Sie werden es weiter sein. Wer in einer solchen Partei nicht sein möchte, es gibt viele Alternativen.

     

    Im übrigen haben sich sehr viele Piraten von Beginn an in einer "Meta-Partei" gewähnt, deren Ziel nicht zwingend der Einzug in Parlamente oder womöglich sogar Regierungen sein sollte, sondern vor allem die Erzeugung von Druck, wodurch die, gemäß den Piraten, dringlichsten Themen unserer Zeit auch auf die Agenda der anderen Parteien kommen, was ja beim Mindestlohn schon mal einigermassen funktioniert hat.

    • @knattertom:

      Welch ein Unsinn, und natürlich der Grund für den Niedergang der Piraten: Denn mitnichten sind die Piraten per se "links", da Piraten basisdemokratisch sind. Schon die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen hat gezeigt, daß dies weder im Lande noch in der Partei wirklich mehrheitsfähig ist. Nun wenden sich Piraten wie ich, die FÜR Bürgerrechte im Netz und FÜR Basisdemokratie sind, von der Partei ab. Denn mit "linken" Träumereien wollen wir nichts zu tun haben.

       

      Aber wenigstens zersplittern sich die Linken bereits in soviele Facetten, von denen geht auch keine Gefahr mehr aus.

  • I
    Irrlicht

    Na toll... liebe Pirat_innen, es ist ja toll, daß ihr alle eure Überzeugungen so vertretet - aber hey, ihr habt auch Verantwortung! Da sind Leute, die euch gewähöt und darauf gesetzt haben, daß ihr Politik macht, statt Nabelschauzerfleischung. Und gerade in NSA-beherrschten Zeiten bräuchte man netzkompetente Politiker_innen!!!

    Aber entschuldigung, so sehr ich euch auch mag, und so sehr ich weiß, daß auch (wenn auch wesentlich weniger transparent) andere Parteien innere Querelen und Kindergarten haben - meine Güte, bitte reißt euch zusammen! Euer Anspruch war ja schließlich, gerade diesbezüglich BESSER zu sein.