Rücktritte bei der Vatikanbank: Geldwäsche und Korruptionsverdacht
Nach der Festnahme eines Funktionärs der Vatikanbank wegen Korruptionsverdachts haben nun der Bankdirektor und dessen Stellvertreter ihren Rücktritt eingereicht.
ROM ap | Die skandalumwitterte Vatikanbank kommt nicht zur Ruhe: Der Direktor des Geldinstituts, Paolo Cipriani, hat am Montag sein Amt niedergelegt. Wie der Vatikan mitteilte, reichte auch dessen Stellvertreter Massimo Tulli seinen Rücktritt ein. Für den Vatikan kommen die Abgänge zur Unzeit: Erst vergangene Woche hatte die italienische Polizei einen kürzlich suspendierten Funkionär der Vatikanbank, den Geistlichen Monsignor Nunzio Scarano, wegen Korruptionsverdacht festgenommen.
Die Rücktrittsentscheidung Ciprianis und Tullis sei „im besten Interesse für das Kreditinstitut und den Heiligen Stuhl“ gefallen, erklärte der Vatikan weiter. Vatikanbank-Präsident Ernst von Freyberg dankte den beiden für ihre jahrelange Arbeit.
Zudem würdigte er die Fortschritte im Bemühen um mehr Transparenz im Finanzgebaren der Kirche, die in den vergangenen Jahren erzielt worden seien. Nun sei jedoch eine neue Leitung vonnöten, um diesen Transformationsprozess voranzutreiben.
Freybergs Vorgänger Ettore Gotti Tedeschi war vor einem Jahr wegen Inkompetenz des Amtes enthoben worden. Der Vorstand der Vatikanbank hat den Angaben zufolge mit der Suche nach einem Nachfolger für Cipriani und Tulli begonnen.
23 Millionen Euro sichergestellt
Gegen Cipriani hatte die Staatsanwalt von Rom im Jahr 2010 Ermittlungen wegen Verstößen gegen die italienischen Anti-Geld-Wäsche-Bestimmungen Ermittlungen eingeleitet. Die Polizei stellte zuvor 23 Millionen Euro sicher, die auf einem Vatikan-Konto einer Römer Bank deponiert waren. Zu einer Anklage kam es jedoch nicht.
Die Vatikanbank stand seit jeher im Visier der Ermittler. Das jetzige Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, kündigte ein entschiedenes Vorgehen gegen Korruption an. Hintergrund sind neue Vorwürfe, wonach die Vatikanbank als Steueroase missbraucht worden sein soll.
Erst vergangene Woche hatte ein neuer Skandal das seit 1942 bestehende Geldhaus erschüttert: Der Geistliche Scarano wurde verhaftet, weil er angeblich 20 Millionen Euro am Zoll vorbei von der Schweiz nach Italien schmuggeln wollte. Die Staatsanwaltschaft wirft Scarano im Zusammenhang mit den jüngsten Ermittlungen Korruption und Verleumdung vor.
Telefone abgehört
Am Montag räumte Scarano bei einem Verhör ein, dass sein Verhalten falsch gewesen sei. Allerdings habe er nur seinen Freunden helfen wollen, sagte sein Anwalt Silverio Sica der Nachrichtenagentur ap. Abgehörten Telefonaten zufolge stand Scarano regelmäßig mit den nun zurückgetretenen Vatikanbank-Spitzen Cipriani und Tulli in Kontakt, um die Zustimmung für umfangreiche Kontobewegungen zu bekommen.
Dabei handelte es sich demnach um zwei Vatikanbank-Konten Scaranos: ein persönliches und eines mit dem Namen „Fondo Anziani“, über das er Spenden für wohltätige Zwecke, etwa Hilfsprojekte für Senioren, erhalten haben soll, wie die Staatsanwaltschaft erklärte.
Für den kürzlich suspendierten Funktionär ist der jetzige Fall nicht das einzige Problem mit der Justiz. In der südlichen Stadt Salerno läuft derzeit ein Verfahren gehen ihn wegen Geldwäsche über sein Konto bei der Vatikanbank. 2009 soll der damals noch bei der Güterverwaltung des Heiligen Stuhls beschäftigte Scarano 560.000 Euro Bargeld aus dem Vatikan nach Italien geschleust haben, um damit eine Hypothek auf sein Haus in Salerno zu bezahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern