Rücktritt von Matthias Platzeck: Durchwachsene Bilanz für Rot-Rot
Überraschend wollte Matthias Platzeck 2009 ein Bündnis mit der Linkspartei. Doch die Koalition kommt bis heute nicht in Tritt.

BERLIN taz | Es war fast ein Kulturkampf, den Matthias Platzeck nach der Landtagswahl 2009 auslöste. Sieben Jahre lang hatte Brandenburgs Regierungschef mit der CDU koaliert – nun warb er für einen radikalen Schnitt. „Wir wollen wirtschaftliche Dynamik mit gesellschaftlichem Zusammenhalt verbinden“, kündigte Platzeck bei der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags mit der Linkspartei an. Bei der anschließenden Wahl zum Ministerpräsidenten fehlten ihm prompt drei Stimmen.
Rot-Rot in Brandenburg begann auch sonst mit einem Fehlstart. Bald wurde bekannt, dass zwei Abgeordnete der Linken für die Stasi spitzelten. Die damalige CDU-Landesvorsitzende Johanna Wanka beklagte, Brandenburg habe sich zum Gespött gemacht.
Bundesweit Schlagzeilen machte die Brandenburger Linke auch durch die Kritik ihres ehemaligen Bundestagsabgeordneten Wolfgang Neskovic. Einen „bereitwilligen Juniorpartner“ nannte er die Partei, aus deren Bundestagsfraktion er da schon ausgetreten war.
Aber auch die SPD hatte immer wieder mit Personalquerelen zu kämpfen. Gleich vier Mal musste Platzeck sein Kabinett umbesetzen – nicht immer wurden die Minister dadurch kompetenter. Kritiker schreiben dies auch der Personalpolitik Platzecks zu, der lieber schwache Politiker beförderte als solche, die ihm gefährlich werden konnten.
Politisch steht Rot-Rot in Potsdam für die weitere Förderung der Braunkohle sowie den Bau des Flughafens BER. Zuletzt hatte Platzeck sein politisches Schicksal mit dem Flughafen verbunden; er folgte im Januar Klaus Wowereit als Aufsichtsratschef.
Die Platzeck-Dämmerung hatte schon vor seinem Rücktritt am Montag begonnen. Zuletzt waren nur noch 43 Prozent der Wähler zufrieden mit Rot-Rot. Gut möglich, dass Platzecks Nachfolger Woidke 2014 wieder mit der CDU koaliert.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Forscher über Einwanderungspolitik
„Migration gilt als Verliererthema“
Abschied von der Realität
Im politischen Schnellkochtopf
Erstwähler:innen und Klimakrise
Worauf es für die Jugend bei der Bundestagswahl ankommt
Sauerland als Wahlwerbung
Seine Heimat
Pragmatismus in der Krise
Fatalismus ist keine Option
Leak zu Zwei-Klassen-Struktur beim BSW
Sahras Knechte